"Gefahr für die Meinungsfreiheit"
In Straßburg will sich das Duo Gruber-Santoro aktiv gegen die Einflussnahme der Politik auf die Medien und gegen die Interessenkonflikte führender Politiker einsetzen. "Ich will den Europäern klar machen, was für eine Gefahr Berlusconi für die Meinungsfreiheit darstellt", sagte Gruber, die in Italien nicht nur wegen ihrer Haarfarbe "Lilli die Rote" genannt wird. Mehr als 1,2 Millionen Vorzugsstimmen erhielt die 47-jährige Journalistin in den beiden Wahlkreisen, in der sie als Spitzenkandidatin der Mitte-Links-Bündnisses um EU-Kommissionspräsidenten Romano Prodi "Uniti nell'Ulivo" teilgenommen hat. In Rom erhielt sie doppelt so viel Vorzugsstimmen wie Berlusconi.
"Eine kleine Journalistin hat den italienischen TV-Herrn besiegt", feierte Gruber. Sie führte ihren Erfolg nicht auf ihr "bekanntes TV-Gesicht" zurück. "Ich glaube nicht, dass sich die Wähler und Wählerinnen von einem bekannten TV-Gesicht überzeugen lassen", sagte Gruber, die erst vor einigen Monaten von Prodi zum Einstieg in die politische Arena überredet worden war.
"Gegen Verstrickungen zwischen Unternehmen und Politik"
Eine Wahlkampagne mit geringem Budget aber unzähligen Wahlveranstaltungen und Treffen mit Bürgern auf den Straßen und Plätzen verschiedener italienischer Städte führte das Duo Gruber und Santoro zum Erfolg. "Ich werde dafür kämpfen, dass in Italien und in Europa gegen die Verstrickungen zwischen Unternehmen und Politik einsetzen", meinte Santoro, der seit seiner Ausgrenzung aus der RAI einen politischen und persönlichen Kampf gegen Berlusconi führt.
Berlusconi hatte Santoro und einem weiteren Starjournalisten, Enzo Biagi, vor zwei Jahren vorgeworfen, in "krimineller Weise" den mit öffentlichen Geldern finanzierten Sender für die Darstellung ihrer eigenen politischen Positionen zu nutzen. RAI hatte daraufhin Santoro vom Sender genommen. Die Kritik des Regierungschefs und reichsten Mannes Italiens an den beiden Journalisten hatte die Debatte um den Einfluss Berlusconis auf die Medien des Landes angeheizt und Forderungen nach einer Auflösung des Interessenkonflikts per Gesetz lauter werden lassen. Santoro, der wegen seiner populären politischen TV-Shows sehr beliebt ist, erhielt Tausende von Solidaritätserklärungen aus ganz Italien.