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Foto: REUTERS/Tony Gentile
Rom - Die italienische Opposition läuft Sturm gegen den jüngsten Beschluss der römischen Regierungskoalition, den skandalumwitterten Senator der Forza Italia, Marcello Dell'Utri, einen Vertrauensmann des Regierungschefs Silvio Berlusconi, zum Mitglied der italienischen Delegation im Europarat zu ernennen. Als Mitglied der Europarats-Delegation wird Dell'Utri, gegen den in Palermo wegen mutmaßlicher Mafia-Verstrickungen ein Prozess läuft, die europäische Immunität erhalten, kritisierte die Opposition. "Berlusconi will ihm im Falle einer Verurteilung das Gefängnis ersparen", kritisierte die Linke.

Staatsanwaltschaft in Palermo beantragte letzte Woche elf Jahre Haft

Die Ernennung Dell'Utris zum neuen Mitglied der italienischen Delegation im Europarat an Stelle eines zurückgetretenen italienischen Senators löste Empörung in Oppositionskreisen aus. Erst vergangene Woche hatten die Staatsanwälte in Palermo elf Jahre Haft für Dell'Utri beantragt, der zu den Gründern der Berlusconi-Partei Forza Italia zählt und in den 80er Jahren auf entscheidende Weise zur Expansion des Medienunternehmens Fininvest des Ministerpräsidenten beigetragen hatte.

Umstrittenster Vertrauensmann Berlusconis

Dell'Utri, Senator der Forza Italia, ist der umstrittenste Vertrauensmann Berlusconis. Die Staatsanwälte von Palermo werfen ihm vor, in den 80er Jahren und bis 1994 Verbindungen zur sizilianischen Mafia gepflegt zu haben. Die Justizbehörden vermuten, dass Dell'Utri der Mafia Schmiergelder gezahlt hat. Mit Schwarzgeldern habe sich die von Berlusconi kontrollierte Fininvest die Ausweitung ihrer Geschäfte auf Sizilien gesichert, meinte der Staatsanwalt. Belastet wurde der Mitarbeiter Berlusconis auch durch die Aussagen von 22 Zeugen. Dell'Utri hatte sich stets als Opfer einer politischen Verfolgungskampagne erklärt.

Erstinstanzliches Urteil gegen Dell' Utri wegen Erpressungsversuchs

Dell'Utri war Ende April von einem Mailänder Gericht wegen eines Erpressungsversuchs erstinstanzlich zu zwei Jahren Haft und zur Zahlung einer Entschädigung von 15.000 Euro verurteilt worden. Er wurde außerdem von einem Gericht in Turin letztinstanzlich zu 20 Monaten Haft wegen Steuerbetrug und Urkundenfälschung verurteilt. Der aus Sizilien stammende Dell'Utri war im Mai 1995 in Untersuchungshaft genommen worden, da er angeblich Unterlagen gefälscht und Beweismaterial vernichtet hat. Gegen Dell'Utri wird auch in Spanien wegen mutmaßlichen Steuerbetrugs ermittelt.

In seiner neuen Rolle als italienisches Mitglied des Europarats wird sich Dell'Utri mit der heiklen Frage der Medienfreiheit in Italien beschäftigen müssen. Am 24. Juni diskutiert der Europarat über ein Resolutionsprojekt, in dem Sorge wegen Berlusconis Kontrolle über das italienische TV-System ausgedrückt wird. (APA)