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Wilco: A Ghost Is Born ( Nonesuch/Warner )

Nach ihrem Meisterwerk Yankee Hotel Foxtrot aus 2002 und dem Weggang des zweiten wichtigen Songwriters und Leadgitarristen, Jay Bennett, wurde der US-Band um das mürrische Genie Jeff Tweedy auch noch wegen Unverkäuflichkeit der Plattenvertrag mit dem Warner-Unterlabel Reprise gekündigt. Daraufhin schnellte Yankee Hotel Foxtrot überraschend in die Top-Twenty der US-Verkaufscharts - Wilco unterschrieben daraufhin beim Warner-Unterlabel Nonesuch. Die Aufnahmen für den Nachfolger A Ghost Is Born wurden allerdings mehrfach verschoben und unterbrochen. Wegen seiner jahrelangen starken Migräne war Tweedy schmerzmittelabhängig geworden und musste sich einer Entziehungskur unterziehen. Unter Mithilfe von Produzent Jim O'Rourke, der mittlerweile auch bei Sonic Youth festes Bandmitglied ist, entstand so unter schwierigsten Bedingungen ein melancholisches, sanftes und abgeklärtes Songwriteralbum. Das findet seine Balance souverän und erhaben zwischen Anklängen aus den frühen 70er-Jahren (Neil Young & Crazy Horse, Gram Parsons, aber auch Can und Neu!) und neuen freieren Improvisationsklängen und -texturen. Trotz des Weggangs des Leadgitarristen sind die neuen Songs also einerseits traditioneller als zuletzt ausgefallen und schrauben den Einsatz von Elektronik entschieden zurück. Dafür erklingen neben deftigen Freestyle-Soli auch zarte Pianotupfer und werden zu Tweedys mild-resignierter Stimme Streichersätze aufgefahren. Andererseits hört man hier wie auch auf aktuellen Soloplatten von O'Rourke, dass der Bereich Songwriting noch längst nicht ausgereizt ist.


Faust vs. Dälek: Derbe Respect, Alder (Staubgold)

Der Experimental-Rapper MC Dälek aus New Jersey und die deutschen Krautrock-Veteranen und Industrial-Pioniere Faust um Jochen Irmler versuchen in dieser Kollaboration aus dem Vorjahr, die scheinbar unvereinbaren Pole rhythmisch streng strukturierter Stahlplatten- und Baumarkt-Geräte-Musik mit HipHop zusammenzuzwingen. In den besten Momenten entsteht dabei ein Klangkörper, der einen in seiner Schwere zwar erheblich nach unten zieht. Entziehen kann man sich diesen düsteren, hypnotischen Klängen jedoch nicht.


Mum: Summer Make Good (Fatcat)

Wie ihre isländischen Kollegen Sigur Ros üben sich Múm in einer impressionistischen, symphonisch hochgradig aufgeladenen Kunst der allumfassenden Traurigkeit. Die beinhaltet zwar traditionelles Rockinstrumentarium. Mit diesem wird allerdings auch von der Rhythmik her eher lose umgegangen. Radiohead in ihrer experimentellen Auslegung lassen grüßen. Kristin Anna Valtysdottir trägt mit ihrem böse gehauchten Kleinmädchengesang inklusive rollendem isländischen Björk-Rrrrr die nötigen vokalen Störsignale bei. Musikalisch schreckt man vor lärmiger Laptopelektronik ebenso wenig zurück wie vor auf Bratlgeige und Klimperklavier interpretierten Melodien, die auch von Soundtracks französischer Amour-fou-Filme stammen könnten. Kranke, gebrechliche, nur mehr sehr lose dem Songformat verpflichtete Musik für Menschen, die im Sommer nicht gern nach draußen gehen.

(Christian Schachinger/RONDO/DER STANDARD, Printausgabe, 18.6.2004)