Wien/Orlando - Die Ergebnisse einer neuen Studie, könnten einen Umbruch in der Behandlung von Typ 2-Diabetes bedeuten: Bei "Altersdiabetes" kann die Behandlung mit einem Cholesterinsenker (Statin) offenbar die Entwicklung der Arteriosklerose deutlich verlangsamen. Dies geht aus der so genannten CARDS-Studie hervor, die vergangene Woche beim Kongress der American Diabetes Association in Orlando im US-Bundesstaat Florida präsentiert wurde.

"Diabetiker sind, im Vergleich zur Normalbevölkerung Hochrisikopatienten für Herzinfarkt und Schlaganfall. In Österreich leben etwa 500.000 Diabetiker. Mehr als 70 Prozent davon sterben an Herz-Gefäß-Erkrankungen, die damit die Haupttodesursache darstellen", erklärte der Salzburger Internist Univ.-Prof. Dr. Fritz Hoppichler.

Studien-Design

In die in Großbritannien und Irland durchgeführte Studie waren 2.838 Altersdiabetiker aufgenommen worden. Das Alter der Probanden lag zwischen 40 und 75 Jahren. Neben der Zuckerkrankheit musste noch ein Risikofaktor (z.B. Rauchen) für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung vorliegen. Sie durften aber noch nicht an einem solchen Leiden erkrankt sein. Die Hälfte der Testpersonen erhielt vier Jahre lang pro Tag zehn Milligramm des Cholesterinsenkers Atorvastatin (Pfizer), die andere Hälfte ein Scheinmedikament. Zehn Milligramm der Substanz sind eine relativ geringe Dosis. Die Höchstdosierung liegt bei 80 Milligramm pro Tag. Allerdings bringt eine Verdoppelung der Ursprungsmenge jeweils nur eine vergleichsweise geringere Reduzierung des Cholesterinspiegels.

Der Clou an der Studie: Obwohl die Probanden im Durchschnitt "nur" 207 Milligramm Gesamtcholesterin (118 Milligramm "böses" LDL-Cholesterin) pro Deziliter Blut aufwiesen, zeigte die Behandlung einen guten schützenden Effekt: Unter der Gruppe von Patienten, welche das echte Medikament bekamen, traten im Vergleich zur Placebo-Gruppe um 37 Prozent seltener Herz-Kreislauf-Zwischenfälle auf. Es handelte sich damit um eine erfolgreiche Studie in der Primäprävention, also der Verhinderung einer Herz-Kreislauf-Erkrankung (Herzinfarkt, Angina pectoris, Schlaganfall etc.) von allem Anfang an.

Bisherige Situation

Die bisherige Behandlungssituation erklärte Univ-Prof. Dr. Monika Lechleitner aus Innsbruck: "Bislang wurden hierzulande Diabetiker nur dann mit einem Statin (cholesterinsenkendes Medikament) behandelt, wenn sie sowohl deutlich erhöhte Cholesterinwerte aufwiesen als auch eine bestehende Herzerkrankung (oder Schlaganfall) aufwiesen."

Der Internist Univ.-Prof. Dr. Bernhard Ludvik vom Wiener AKH: "Die obligate Verschreibung von Statinen bei Typ 2-Diabetikern unabhängig vom Cholesterinwert vermindert nicht nur das individuell Herzinfarkt-Schlaganfall-Risiko und damit Todesfälle, sondern es können damit in der Folge auch Krankenhausaufenthalte und Kosten für Nachbehandlung sowie Rehabilitation in Millionenhöhe verhindert werden!"

In der genannten Primärprävention (Verhinderung einer Erkrankung) wurden die Statine von den Chefärzten der Krankenkassen bisher in Österreich nur unter sehr restriktiven Bedingungen genehmigt. Das haben vor wenigen Tagen Diabetes-Selbsthilfegruppen kritisiert. (APA/red)