So konnte Großbritannien viele seiner "red lines" durchbringen. Der durch den Wahlsieg der Euroskeptiker zusätzlich unter Druck geratene britische Premier Tony Blair leistete im Vorfeld hartnäckigen Widerstand dagegen, dass künftig mit Mehrheit (und nicht mehr einstimmig) auch über Außen-, Steuer- und Finanzpolitik entschieden werden könne. Nun kann Großbritannien sein Vetorecht in der Steuerpolitik behalten, außerdem wird die Entscheidungsmacht des Europäischen Gerichtshofs über die Rechte britischer Staatsbürger begrenzt.
Streitfall "Stabi"-Pakt
Mit einem Kompromiss wurde auch der Streit um die Regelungen des Stabilitätspakts entschärft. Zuerst war geplant, dass die EU-Kommission Verfahren über Defizitsünder verhängen darf. Nur mit einstimmiger Mehrheit, so war es im Verfassungsentwurf vorgesehen, sollten die Finanzminister Korrekturen durchsetzen können.
Dagegen hatten unter anderem die chronischen Defizitsünder Frankreich und Deutschland protestiert. Der Kompromiss: Die Finanzminister können Forderungen der EU-Kommission an Länder mit zu hohen Budgetdefiziten ändern, allerdings mit qualifizierter Mehrheit. Die Feststellung der Kommission, dass ein Land die Drei-Prozent-Defizit-Quote überschritten hat, kann allerdings weiterhin nur einstimmig von den Ministern geändert werden, was die Führungsrolle der Kommission in dieser Frage hervorhebt. Für das Verfahren kann die Kommission nur "Empfehlungen" machen.
Während in diesen bisherigen Streitpunkten eine Einigung in der Zielgeraden schien, hakte es erneut in der heiklen Frage der Suche nach der Mehrheit, die künftig Beschlüsse fasst. Ursprünglich wurde für diese so genannte doppelte Mehrheit vorgeschlagen, dass 50 Prozent der Staaten, die 60 Prozent der Bevölkerung vertreten, zustimmen müssen. Diesen Schlüssel hatten Spanien und Polen beim gescheiterten Verfassungsgipfel im vorigen Dezember aber abgelehnt.
Der neue Vorschlag sieht nun eine leichte Anhebung auf 55 Prozent der Staaten und 65 Prozent der Bevölkerung vor. Damit werden Blockaden von Beschlüssen leichter.