Wien - Die SPÖ geht davon aus, dass sich die Regierungsparteien auf den früheren FPÖ-Klubdirektor Josef Moser als neuen Rechnungshof-Präsidenten geeinigt haben. Nach der schweren Wahlniederlage der FPÖ bei den EU-Wahlen überlasse die ÖVP offenbar dem Koalitionspartner diesen Posten, "um Ruhe" in die Regierung zu bekommen, sagte SP-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos am Freitag bei einer Pressekonferenz. Aus demokratiepolitischer Sicht sei das aber "ein Schlag ins Gesicht". Die SPÖ wird wie erwartet Ewald Nowotny kandidieren.

"Politischer Bazar"

Angesichts der Vorgangsweise der Regierungsparteien komme man sich wie auf "einem politischen Bazar" vor, meinte Darabos. Die Regierungsparteien hätten sich scheinbar darauf festgelegt, "einen der ihren" als Nachfolger von Franz Fiedler einzusetzen. Er sei aber der Ansicht, dass die Opposition das Vorschlagsrecht haben sollte, wiederholte Darabos die SPÖ-Linie. "Es kann nicht sein, dass sich die Regierung selbst kontrolliert", so Darabos. Das Argument, dass die Regierung während der zwölfjährigen Amtszeit des Präsidenten wechseln können, gilt für Darabos nicht. Man könne nur von den aktuellen Verhältnissen ausgehen.

Er forderte auch neuerlich ein öffentliches Hearing im Parlament vor der Bestellung des neuen Präsidenten. Geplant ist von den Regierungsparteien nur eine nicht öffentliche Befragung. Damit wolle man sich nur der "Kontrolle entziehen", folgerte Darabos. Rechnungshof: Grüne kritisieren Mehrfachnominierungen der Koalition Kogler befürchtet, dass "Namen und Menschen verheizt werden"

Grüne Kritik an Mehrfachnennungen der Regierung

Grünen-Budgetsprecher Werner Kogler hat wenig Freude damit, dass ÖVP und FPÖ mehrere Kandidaten für die Nachfolge von Rechnungshofpräsident Franz Fiedler nominiert haben. Dies klinge zwar erfreulich, weil mehrere Kandidaten zur Auswahl stehen. "Aber es stellt sich die Frage, ob hier nicht Namen und Menschen verheizt werden", so Kogler.

Die Grünen wollen beim Nationalrats-Hearing am Mittwoch jedenfalls für ihren Kandidaten Heinz Mayer die Werbetrommel rühren: "Heinz Mayer ist der mit Abstand parteifernste Kandidat. Er hat mit den Grünen nichts am Hut."

Kogler würde sich beim Hauptausschuss am Mittwoch eine Vier-Parteien-Einigung auf einen der Kandidaten wünschen. Ein gemeinsamer Beschluss sei nach wie vor das "größte Bestreben der Grünen". Wenn man darüber hinaus noch Zeit brauche, wäre es aber durchaus möglich, auch mehrere Kandidaten auf den Wahlvorschlag zu nehmen, so Kogler.

Khol: Kein öffentliches Hearing

Nationalrats-Präsident Andreas Khol wollte am Freitag bei der Präsentation der Rechnungshof-Kandidaten keine Einschätzung der sieben Persönlichkeiten vornehmen. Er fungiere in diesem Fall nicht als ÖVP-Politiker sondern als Nationalrats-Präsident, daher gebe er "keine Einschätzung" ab, sagte Khol bei einer Pressekonferenz. Dass es kein öffentliches Hearing geben wird, erklärte er damit, dass sonst ein "öffentliches Schaulaufen" drohe.

Das nicht öffentliche Hearing wird nun im Hauptausschuss des Parlaments am 23. Juni zwischen 10.00 und 18.00 Uhr stattfinden, berichtete Khol. Zunächst bekomme jeder Kandidat zehn Minuten die Möglichkeit, sich selbst zu präsentieren. Danach werde es eine halbe Stunde ein "Frage-Antwort-Spiel" geben. Im Anschluss werde vom Hauptausschuss ein Wahlvorschlag erarbeitet. Dieser muss sich aber nicht auf einen Namen beschränken. Die Geschäftsordnung sei hier "elastisch", meinte Khol. Es wäre also denkbar, dass es bei der Nationalrats-Sondersitzung am 28. Juni zu einer Kampfabstimmung zwischen mehreren Kandidaten kommt.

Im Detail wollte sich Khol zu den sieben Personen nicht äußern. Er verlas die Liste auch alphabetisch und wollte keine Qualifizierung nach Parteizugehörigkeit vornehmen. Das sei so in der Präsidialkonferenz der vier Parteien vereinbart worden. Nur so viel ließ er sich entlocken: Alle sieben Kandidaten seien "renommierte" und "bekannte Persönlichkeiten".

Ein öffentliches Hearing im Hauptausschuss wäre laut Geschäftsordnung nicht möglich gewesen, meinte Khol. Denkbar wäre nur ein informelles Hearing vor der Entscheidung des Hauptausschusses gewesen. Das sei aber von den Regierungsparteien abgelehnt worden. Die Begründung: Dann hätten sich vielleicht nicht alle Kandidaten dem Hearing gestellt und ein "öffentliches Schaulaufen" hätte nicht ausgeschlossen werden können.

(APA)