Über viele Aspekte des israelisch-palästinensischen Konflikts schütteln unbeteiligte und manchmal auch beteiligte Beobachter den Kopf. Eine der kuriosesten Erscheinungen könnte ein gewaltiger Graben werden, den die Israelis an der Grenze zwischen Ägypten und dem Gazastreifen ausheben wollen - er soll die Patentlösung sein, die den Waffenschmuggel durch palästinensische Extremisten unterbindet. Israels Verteidigungsministerium hat nun das Projekt, dessen Kosten in die Millionen Euro gehen dürften, ausgeschrieben.

Wie ein Finger streckt sich die "Philadelphia-Route" zwischen Ägyptern und Palästinensern in Richtung Mittelmeer. Laut Oslo-Abkommen dürfen die Israelis hier patrouillieren, und sie wollen das auch nach dem für 2005 geplanten "einseitigen Rückzug". Zugleich soll aber die heiße Zone bei der Grenzstadt Rafah, wo zuletzt wieder schwere Kämpfe mit vielen Toten getobt hatten und Dutzende Häuser zerstört wurden, so weit wie möglich entschärft werden. Durch enge unterirdische Tunnels, die an die 300 Meter lang sind und meist in einem Wohnhaus irgendwo in Rafah enden, schleusen Palästinenser regelmäßig Waffen und Munition aus Ägypten ein. Zuletzt hatten die Israelis überlegt, die Patrouillenstraße noch mehr zu verbreitern, um das Tunnelbuddeln zu erschweren.

Die Alternative soll nun ein vier Kilometer langer und rund 100 Meter breiter Graben sein. Die Tiefe von rund 20 Metern soll ausreichen, um ein unüberwindliches Hindernis für jeden palästinensischen Tunnel darzustellen - vor allem, wenn der Graben auch noch mit Wasser gefüllt wird. Die Ägypter, die interessiert sind, den Gazastreifen zu beruhigen, und sich für Israels Rückzugsplan verwenden, dürften keinen Einwand haben, doch der palästinensische Minister Saeb Erekat reagierte ablehnend. Gräben und Kanäle im Gazastreifen würden "die Palästinenser zu Gefangenen in ihren eigenen Städten machen". Palästinenserpräsident Arafat distanzierte sich indes von der Forderung nach einer Rückkehr aller Flüchtlinge: Es sei "klar und offenkundig", dass das palästinensische Flüchtlingsproblem so gelöst werden müsse, dass Israel ein jüdischer Staat bleiben könne. (DER STANDARD, Printausgabe, 19.6.2004)