New York - Die Forderung der USA nach Immunität für ihre Armeeangehörigen vor dem Internationalen Strafgerichtshof (ICC bzw. IStGH) hat vor allem im Licht der empörenden Vorkommnisse in dem Foltergefängnis Abu Ghraib Wut und Ärger hervorgerufen. UNO-Generalsekretär Kofi Annan hat deshalb an den Weltsicherheitsrat den Appell gerichtet, sich durch Washingtons Ansprüche nicht wieder spalten zu lassen. "Ich habe den Rat gefragt, ob er wirklich bereit ist, es wegen der ICC-Frage zur Spaltung kommen zu lassen. Denn diese Frage wird den Sicherheitsrat wieder spalten", warnte Annan nach einem Treffen mit den Chefdelegierten der 15 Ratsmitgliedsländer am Wochenende in New York.

"Ganz besonders unangebracht"

Washingtons Anspruch auf Straffreiheit für das amerikanische Militär sei gerade wegen der bekannt gewordenen Misshandlungen irakischer Gefangener "ganz besonders unangebracht", hatte Annan zuvor vor Journalisten bemerkt. Er halte es vor diesem Hintergrund für "sehr unklug" seitens der USA, dem UNO-Sicherheitsrat neuerlich eine Ausnahmeregelung abzuverlangen. Die USA unterhalten nach Informationen von Menschenrechtsorganisationen in ihrem "Krieg gegen Terrorismus" außergesetzlich ein weltweites Netz geheimer Haftanstalten. Wegen der Geheimhaltung seien "unangessene Haftbedingungen und Missbrauch nicht nur wahrscheinlich, sondern unvermeidlich", erklärte die Menschenrechtsorganisation Human Rights First.

Das Pentagon hatte am Donnerstag eingeräumt, dass US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld angeordnet hatte, einen verdächtigen Iraker monatelang ohne Registrierung und damit heimlich gefangen zu halten. Auf Wunsch des Geheimdienstes CIA habe Rumsfeld veranlasst, einen mutmaßlichen Rebellenführer nicht zu registrieren und die Identität des Gefangenen so vor dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) geheim zu halten.

Frankreich, Deutschland und Spanien, sowie mehrere weitere der insgesamt 15 Sicherheitsrats-Mitglieder sind nach Auskunft aus diplomatischen Kreisen im UNO-Hauptquartier zwar entschlossen, einer von den USA geforderten Resolution ihre Zustimmung zu verweigern. Zu Fall bringen wollen sie sie aber nicht. Diese Länder setzten durch, dass vor der Abstimmung eine öffentliche Debatte anberaumt wird. Washington droht wie bereits vor zwei Jahren mit dem Rückzug seiner Truppen aus sämtlichen Friedensmissionen der Vereinten Nationen, wenn die seit 2002 zwei Mal für jeweils ein Jahr bestätigte Sonderregelung für Amerikaner nicht erneut und damit praktisch für immer verlängert wird. Die Immunität würde auch für die im Irak operierenden US-Militärs gelten.

Menschenrechtsorganisationen protestieren

Menschenrechtsorganisationen und Völkerrechtsexperten forderten die Vereinten Nationen auf, dem US-Militär nicht erneut Immunität vor internationaler Strafverfolgung einzuräumen. Angesichts der Misshandlung irakischer Gefangener wäre es unvorstellbar, den USA "bei Kriegsverbrechen eine Sonderbehandlung" zu gewähren, erklärte die Organisation Human Rights Watch.

UNO-Diplomaten wiesen darauf hin, dass bei Annahme einer US-Resolution zum nunmehr dritten Mal ein "Völkergewohnheitsrecht" und damit eine dauerhafte US-Immunität entstehen könnte. "Allerdings wagt kein Land, offen dagegen zu stimmen", sagte ein Diplomat. Die Gegner der US-Resolution rechnen mit bis zu sechs Stimmenthaltungen "als Signal des Unwillens". Es seien aber mindestens sieben Enthaltungen erforderlich, um eine Resolution zu Fall zu bringen. (APA/dpa)