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Im Durchschnitt hatten bis Mai pro Werktag etwa 400 Lkws Probleme mit dem Mautsystem.

Foto: APA/dpa/Rolf Vennenbernd
Wien - Mindestens 50.000 Lkw und Busse haben seit dem Start der Lkw-Maut in Österreich zu Jahresbeginn Probleme mit dem System gehabt. Das entspricht pro Werktag etwa 400 der rund 80.000 Schwerfahrzeuge auf Österreichs Autobahnen, bei denen die Maut falsch oder gar nicht abgerechnet worden ist, ergab eine Recherche der APA bei Asfinag und Wirtschaftskammer. Die Wirtschaftskammer kritisiert, dass zahlreiche Mautbalken defekt seien. Der Errichter des Mautsystems, die Firma Kapsch, weist das zurück und kontert, dass beinahe jeder zehnte Lkw-Fahrer die Mautgeräte (GO-Boxen) falsch montiert habe. Kommenden Dienstag will der Mautbetreiber Europpass dennoch mit den Frächtern über Änderungen im System verhandeln: Die Nachmeldefrist könnte auf 24 Stunden verlängert werden.

26.840 Nachverrechnungen

Derzeit ist der Lkw-Fahrer dazu verpflichtet, Abbuchungsprobleme binnen 5 Stunden oder 70 Kilometern zu melden. Die Maut wird ihm dann nachverrechnet. Laut Angaben der Autobahngesellschaft Asfinag ist das von Jänner bis Mai genau 26.840 Mal der Fall gewesen. Meldet sich der Fahrer nicht und wird er erwischt, verrechnet ihm die Asfinag eine Ersatzmaut - sprich eine Strafe - zwischen 110 und 220 Euro. Laut Wirtschaftskammer hat die Asfinag bis Ende Mai 22.000 solcher Strafen ausgesprochen. Die Asfinag will diese Zahl bestätigen, nur die Einnahmen aus der Ersatzmaut: Die lagen bis Ende Mai bei immerhin 2,6 Mio. Euro. Nicht in den Zahlen erfasst sind jene, bei denen keine Abbuchung erfolgt ist, die aber nicht entdeckt wurden.

SPÖ-Rechnungshofsprecher Günther Kräuter meint, dass die Dunkelziffer der Buchungsfehler weit über den kolportierten Zahlen liegt. Er glaubt belegt zu haben, dass fast jeder hundertste Lkw Probleme mit der Abbuchung habe. Die maximale Fehlerrate in der Ausschreibung werde um das 91fache überschritten. Kräuter sieht dahinter auch einen Vertuschungsskandal: der Vorsitzende des zuständigen Normenausschusses, Helmut Strasser, habe den damaligen Kabinettschef im Verkehrsministerium, Hans-Jürgen Miko, schon 2002 - zwei Jahre vor Start der Maut - in einem Schreiben auf die Probleme hingewiesen.

Asfinag bestreitet genannte Fehlerrate

Die Asfinag weist das zurück. Die Zahl der abgerissenen Mauttransaktionen sei vernachlässigbar gering, die von Kräuter kritisierte Fehlerrate nicht Gegenstand der Vertragsbedingungen für den Betrieb, erklärte Asfinag-Sprecher Marc Zimmermann. Maßgeblich sei die so genannte Erfassungsrate und die liege mit 99,2 Prozent innerhalb der vereinbarten Bandbreite. Die Lkw-Maut-Einnahmen würden mit 340 Mio. Euro (inklusive Sondermauten) seit Jahresbeginn den Erwartungen entptrechen, bis Jahresende sollen die Einnahmen 720 Mio. Euro betragen.

Dennoch räumt die Asfinag ein Optimierungspotenzial ein. Laut Nikolaus Glisic, dem stellvertretenden Obmann im Fachverband Güterbeförderung der Wirtschaftskammer, hat die Asfinag bereits angeboten, die Nachmeldefrist von drei auf 24 Stunden zu verlängern. Die Frächter verlangen allerdings mindestens 72 Stunden Zeit, um Buchungsfehler nachzumelden. Es sei den Unternehmen nicht zuzumuten, dass Buchungsfehler sofort bei der nächsten Vertriebsstelle gemeldet werden müssen.

Überhörtes Pieps-Signal

Derzeit muss der Frächter jedes Mal beim Durchfahren eines Mautbalkens darauf achten, ob die GoBox mit einem Pieps-Signal die Abbuchung bestätigt hat. Mit einem medizinischen Gutachten will der Fachverband belegen, dass das den Fahrer überfordert. Eine Nachmeldung bei der Vertriebsstelle dauere außerdem im Durchschnitt eine Stunde und das koste den Unternehmer jedes Mal rund 50 Euro, meint Glisic. Die Alternative - die Meldung via Handy binnen 30 Minuten, die seit April möglich ist - habe sich nicht bewährt.

Diskutiert wird nun über eine grundsätzliche Änderung der Mitwirkungspflicht für den Lenker. Schlägt die Abrechnung an einem einzigen Mautbalken fehl, so der Vorschlag, soll die Europpass aus den Abbuchungen an den anderen Maultbalken die Fahrtroute des Lkw rekonstruieren können. Eine Meldung durch den Fahrer würde sich dann erübrigen.

Bei der Europpass bezweifelt man allerdings, ob das alle Frächter wollen. "Wir haben den Eindruck, dass eigentlich alle gut mit dem System leben", meint Unternehmenssprecher Rudolf Kaschnitz. Stattdessen will die Europpass mit Inseraten und Flyern für die richtige Montage der GO-Box werben. Dann, glaubt zumindest der Mautbetreiber, sollten die Hauptprobleme gelöst sein. (APA)