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STANDARD: Vergangene Woche haben Sie eine Kooperation mit der auf Unternehmensfinanzierungen spezialisierten Weltbank-Tochter IFC abgeschlossen. Dennoch wird weiter am Börsengang der Raiffeisen-Ostholding gearbeitet. Wann bekommt die Wiener Börse ihr nächstes "Schwergewicht"?

Stepic: Wir haben immer gesagt, dass der Börsengang eine Möglichkeit ist, Eigenkapital zu schöpfen. Institutionelle Investoren, strategische Partner und Börsengang, das waren immer unsere drei Optionen. Wir bereiten uns sehr heftig auf einen Börsengang vor: in dem Sinne, dass wir bereit sind, wenn wir ihn dann beschließen - denn das ist ja eine unglaubliche Arbeit, das Unternehmen börsenfähig zu machen, und das wollen wir bis zum nächsten Frühjahr abgeschlossen haben. Wenn es der Markt erlaubt und wir Kapital benötigen, werden wir es machen. Aber es steht aus heutiger Sicht keinesfalls fest, dass es 2005 werden wird.

STANDARD: Wie sehen Ihre weiteren Wachstumsaussichten aus?

Stepic: In den letzten 14 Jahren sind wir - ich gebe zu, von null - jährlich zwischen 40 und 45 Prozent gewachsen. Diese Dynamik sehen wir auch für die nächsten Jahre. Das ist alles vorprogrammiert durch das Wachstum der Volkswirtschaften in Zentral-und Osteuropa, angetrieben durch einen enormen Konsum- und Investitionsnachholbedarf. Wir haben mit Hypothekarkrediten begonnen, und die Leute rennen uns in allen Märkten die Türen ein. Das wird in den nächsten 15 Jahren ungebremst weiterlaufen.

"Paradeunternehmen"

STANDARD: Was bietet die Raiffeisen-Ostholding potenziellen Anlegern?

Stepic: Ich darf in aller Unbescheidenheit sagen, dass die Raiffeisen International ein Paradeunternehmen ist. Nicht nur was die strategische Ausrichtung, sondern auch was die Profitabilität betrifft. Wir haben derzeit eine Bilanzsumme von 23 Milliarden Euro und 15 Tochterbanken in Zentral- und Osteuropa und 65 Tochtergesellschaften in allen Bereichen des Bankgeschäftes wie Leasing, Factoring, Asset Management, Pensionsfonds. Über viele Jahre hatten wir eine Verzinsung des Eigenkapitals von über 25 Prozent, es hat aber auch Jahre über 40 Prozent gegeben. Unser langfristiges Ziel sind 25 Prozent Eigenkapitalrendite trotz sehr dynamischen Wachstums.

Das heißt: Wir sind von der Bilanzsumme her eine der Größten, von der geografischen Präsenz her die Größte, und vom Ertrag her unter den drei besten Banken. Wir haben eine sehr, sehr günstige Kostenstruktur, weil wir die meisten Banken selbst auf die grüne Wiese gestellt und damit keine hohen Kaufpreise in unseren Büchern haben, die ja auch verdient werden müssen. Und damit sind wir - so glaube ich - eine unheimlich attraktive Anlage.

STANDARD: Während etwa die Erste Bank durch ziemlich große Zukäufe schnell gewachsen ist, hat Raiffeisen eher auf organisches Wachstum gesetzt. Waren die großen Institute zu teuer?

Stepic: Das muss man historisch betrachten. Wir haben unsere erste Gründung in Ungarn 1987 gemacht. Wir waren also rund acht Jahre vor der Ersten Bank im Markt tätig. Zu diesem Zeitpunkt hat es im Markt kaum Banken gegeben, wo wir gesagt hätten, es mache Sinn, sie überhaupt nur anzusehen. Das war auch vor der Phase, in der die Regierungen bereit waren, ihre Banken von den faulen Krediten zu reinigen und dann zu verkaufen.

Ein wesentlicher Grund, der damals wie heute gilt, ist, dass es letztlich für uns viel ökonomischer war, die Banken von null aufzubauen: wegen der Qualität der Mitarbeiter. Wir konnten junge Mitarbeiter von den Hochschulen weg schon mit dem neuen Gedankengut schulen und diese dann zu sehr engagierten, leistungsbereiten Mitarbeitern weiterbilden. Wir sind eine Schulungsfabrik: Allein im letzten Jahr haben wir nur im Retailbereich 15.000 Personentage für Schulungen und Training verwendet. Und dann konnten wir uns durch unseren frühen Markteintritt die besten Kunden aussuchen.

"Zweite große Welle"

STANDARD: Hat sich durch den EU-Beitritt der neuen Mitglieder für Sie noch etwas geändert, oder wurde das schon früher vorweggenommen?

Stepic: Ja und nein. Natürlich haben sich durch die langen, durchaus notwendigen Anpassungszeiten der neuen EU-Volkswirtschaften die Rahmenbedingungen schon vorher Schritt für Schritt angepasst. Das, was wir aber nun sehen, ist ein zweiter Wachstumsschub auf diesen Märkten. Da sich nun auch die rechtlichen Rahmenbedingungen harmonisiert haben und Brüssel ein Auge darauf hat, wie alles funktioniert, also auch in der Rechtsprechung, gibt es einen deutlich wachsenden Zuzug mittelständischer Wirtschaft aus den EU-Altländern. Also alle diejenigen, denen bisher das Risiko noch zu groß war. Das ist die zweite große Welle.

STANDARD: Sie sind als einzige österreichische Bank in China mit einer Niederlassung tätig. Wie groß ist das Potenzial?

Stepic: China zeigt Muskeln. Ganz gewaltig. Die Wirtschaft wächst seit über zehn Jahren zwischen acht und zwölf Prozent und ist ein gewaltiger Dynamo der Weltwirtschaft geworden. Wir werden nächstes Jahr im Zuge des WTO-Beitrittes der Chinesen aus unserer Niederlassung eine voll lizensierte Bank machen können, das war ja bisher nicht möglich. Bisher durften wir ja nur Geschäfte mit Firmen in ausländischer Hand in Fremdwährung machen und keine Depots annehmen. Ein winziges Marktsegment also, und von Privatkunden rede ich ja gar nicht. Nun können wir schrittweise ab 2005 unseren ganzen Bauchladen aufmachen, und da sehe ich schon extrem gute Geschäftsmöglichkeiten.

STANDARD: Allein von der Landesgröße her könnte man davon ausgehen, dass China in fünf Jahren 50 Prozent Ihrer Bilanzsumme ausmachen könnte.

Stepic: Nein. Allein von unserer Strategie her ist Osteuropa unser Kernmarkt. Auch bei einer Volllizenzierung in China werden wir nie unsere Eigenkapitalressourcen mehrheitlich auf den chinesischen Markt werfen. Man muss seine Grenzen kennen.

STANDARD: Wie hoch ist Ihre Bilanzsumme in fünf Jahren?

Stepic: Zwischen 40 und 50 Milliarden Euro. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.06.2004)