Nach jedem neuen Anschlag, nach jedem neuen Mord kündigen die saudi-arabischen Behörden an, nun die Terroristen und "Abweichler" im Königreich mit noch größerer Härte verfolgen zu wollen. Dass sie das ernst meinen, daran besteht kein Zweifel - tatsächlich sind ja die Fahndungserfolge nach den jeweiligen Verbrechen offensichtlich groß, auch diesmal konnten die Sicherheitskräfte nur Stunden später die Leichen der mutmaßlichen Täter liefern. Wobei die Details der dazu gelieferten Geschichten oft nicht so ganz zusammenpassen: Wenn die vier Terroristen, einer davon der saudische Kaida-Chef Abdelaziz al-Mukrin, gestellt wurden, als sie sich der Leiche ihres amerikanischen Opfers entledigten, müsste ja eigentlich auch diese vorhanden sein. Das ist sie aber ganz ausdrücklich nicht. Auch nach dem letzten großen Kidnapping-Drama mit vielen Toten Ende Mai gab es ähnliche Ungereimtheiten.

Dass al-Mukrin, der sich selbst auf einschlägigen Internetseiten als großer Terrorchef bewarb, eliminiert werden konnte, ist zweifellos ein Erfolg - der jedoch nicht überschätzt werden darf. Mukrins Name tauchte erstmals Mitte März in den Medien auf, allgemein geläufig wurde er erst in den letzten Wochen, wenn nicht Tagen. Er war ganz bestimmt nicht die große charismatische Figur, ohne die Al-Kaida in Saudi-Arabien nicht leben kann. Andere werden nachrücken.

Für Saudi-Arabien selbst sind Ereignisse wie die Ermordung eines Mannes, der zehn Jahre lang dort gearbeitet hatte, nicht nur ein Imageschaden, sondern eine schleichende Existenzbedrohung. Ausländern, die in einer nicht gerade fremdenfreundlichen Umgebung bereit waren, ihre dringend benötigte Expertise zur Verfügung zu stellen, konnten die Saudis bisher zweierlei bieten: viel Geld und ausreichend Sicherheit. Wenn eines der beiden auf Dauer wegbricht, wird der Exodus der ausländischen Facharbeiter nicht lange auf sich warten lassen. (DER STANDARD, Printausgabe, 21.6.2004)