Wien – Wolfgang Laumann würde „mit Sicherheit nicht“ hier einkaufen. Aber das, betont der joviale Bartträger im Bürocontainer auf dem Lagerplatz knapp außerhalb der Stadtgrenze, läge nicht an der Ware: Laumann ist schließlich Mitarbeiter der Stadt Wien – und hat eine heute fast antiquiert anmutende Einstellung zu dem, was man im öffentlichen Dienst tun kann – und was man lassen sollte: „Was gäbe das denn für eine Optik, als Angestellter des Anbieters hier einzukaufen?“

Aber am Fast-Schrottplatz der Stadt ist die Berufsethik halt ebenso von gestern wie das Material: „Wir hätten da eine Straßenwalze. Vermutlich noch aus den 60er-Jahren“ zeigt Wolfgang Laumann quer über den Platz. Dreimal im Jahr bittet die MA48 (nicht nur für Wiens Abfall, sondern auch für den Fuhrpark verantwortlich) zum Abverkauf. Dann steht auf dem Lagerplatz neben dem Tierschutzhaus (das Hundegebell mischt sich malerisch mit dem Verkehrsrauschen der Triesterstraße) alles fahrende Gerät, das die Stadt loswerden will: Vom Rasenmäher über Mopeds und „Hubarbeitsbühnen“ der Brücken-und Lichtkontrollore bis zu Müllwägen, Krankentransportern und Feuerwehrautos reicht das Spektrum. Nur Pkw, erklärt Laumann, werden via Dorotheum verklopft.

Kein „fahrendes Gerät“

Wobei, schränkt Laumann ein, der Begriff „fahrendes Gerät“ so nicht stimmt: „Nichts hier ist einsatztauglich,“ erklärt der Fuhrpark-Verkäufer. Aber die Katze im Sack kauft dennoch niemand. Egal ob Kanalräumungsfahrzeug, antiker Baustellenwagen oder Laubgebläse: an jedem Teil hängt ein Zettel, auf dem Mängel und Fehler aufgelistet sind.

Nach Preisen sucht man indes vergebens: Der MA48-Fuhrparkabverkauf ist eine Mischung aus Freiverkauf und Versteigerung. Bis zum 25. Juni sind die Schneepflüge, Zugmaschinen, Mulden und Straßenkehrfahrzeuge noch zu besichtigen, bis 30. Juni können Anbote („in verschlossenen Kuverts“, Laumann) eingebracht werden.

Dann tagt eine Kommission:„Wir verkaufen nicht um jeden Preis: Wenn etwa für die Straßenwalze weniger als der Schrottpreis geboten wird, bleibt sie hier.“

In der Regel kommt aber weg, was angeboten wird. Rund dreihundert Interessenten, schätzt Wolfgang Laumann, kämen jedes Mal, um sich „entweder mit Ersatzteilen einzudecken oder um sich als Bastler zu versuchen.“ So wie jene zwei Herren, die mit fachmännischen Mienen alte Rasentraktoren begutachten: „Wenn man einen wirklich großen Garten hat, ist so ein Ding eine Überlegung wert – aber neu kosten die fast 30.000 Euro,“ sagt der Eine.

Die Methode „kauf zwei und mach dann einen draus“, erklärt der Andere, sei da nicht nur billiger, sondern auch „sportlich interessanter.“ Freilich: Gebastelt wird erst nach dem Kauf. Und daheim. Wie man eine nicht funktionierende Straßenwalze aus den 60-er Jahren abtransportiert, sollte man sich also tun tunlichst im Vorhinein überlegen – außer man heißt Wolfgang Laumann und denkt nicht daran, hier einzukaufen. Und sei es nur aus Gründen der Optik. (Thomas Rottenberg, Der Standard, Printausgabe, 22.06.2004)