Der Prozess gegen den belgischen Kinderschänder Marc Dutroux neigt sich dem Ende zu. Nach den umfangreichen Schuldsprüchen gegen drei der vier Angeklagten wurde am heutigen Dienstag das Strafmaß erwartet. Zuvor hielten zunächst die Anwälte des mitangeklagten Dutroux-Komplizen Michel Lelievre und des zweifelhaften Geschäftsmanns Michel Nihoul vor dem Schwurgericht in Arlon ihre Plädoyers. Danach sollten die Angeklagten zum Abschluss noch einmal das Wort ergreifen können.

Im Anschluss wollten sich die Geschworenen mit dem Vorsitzenden Richter Stephane Goux und dessen zwei Beisitzern zu Beratungen über das Strafmaß zurückziehen. Erwartet wurde die Verkündung des Urteils am Nachmittag. Die Staatsanwaltschaft hatte am Montag die Höchststrafe gefordert. Dutroux muss mit lebenslanger Haft rechnen. Martin und Lelievre drohen jeweils 30 Jahre, Nihoul zehn Jahre Gefängnis.

Dutroux des dreifachen Mordes für schuldig gesprochen

Die Jury hatte Dutroux vergangene Woche unter anderem des dreifachen Mordes schuldig gesprochen. Zudem sahen es die acht Frauen und vier Männer als erwiesen an, dass der 47-Jährige sechs Mädchen entführte, gefangen hielt und vergewaltigte. Martin und Lelievre waren nach Auffassung der Geschworenen an den Taten umfangreich beteiligt. Nihoul wurde dagegen vom Vorwurf freigesprochen, an der Entführung und Freiheitsberaubung der Mädchen mitgewirkt zu haben.

Die Geschworenen sahen es aber als erwiesen an, dass der 63-Jährige Mitglied einer Bande war, die sich auch des Menschenhandels, des Drogenhandels und des Handels mit gefälschten Papieren schuldig gemacht hat. Darauf steht nach belgischem Recht eine Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren.

Absolute Mehrheit

Die Entscheidung der zwölf Geschworenen und der drei Richter über das Strafmaß fällt nach Angaben eines Gerichtssprechers mit absoluter Mehrheit. Stimmen von den 15 demnach acht für ein Strafmaß, ist dieses beschlossen. Die Abstimmung beruht den Angaben zufolge auf Vorschlag des jüngsten Jurymitglieds.

Lebenslang bedeutet in Belgien, dass ein Verurteilter zunächst nicht mit seiner Freilassung rechnen kann. Dutroux dürfte auch nicht darauf hoffen, irgendwann begnadigt zu werden. Berufung gegen das Urteil des Schwurgerichts ist nicht möglich, die Entscheidung kann höchstens wegen eines Verfahrensfehlers vor dem Kassationsgericht angefochten werden. Der Prozess läuft seit dem 1. März. (APA/AP)