Die Volkswagen-Gruppe hat in China ihre Preise drastisch abgesenkt, um ihre führende Rolle in dem sich abschwächenden Automarkt zu verteidigen. Marktführer VW fiel mit dem Zuwachs seiner Autoverkäufe von nur noch drei Prozent in den ersten fünf Monaten überproportional stark zurück.

Wie Unternehmenskreise berichteten, fiel der Marktanteil von Volkswagen im Einzelmonat Mai auf nur noch 22 Prozent. Auf die ersten fünf Monate 2004 gerechnet kommt der Konzern mit 275.000 verkauften Wägen einschließlich Importen noch auf einen Anteil von 25,5 Prozent. Die Wolfsburger setzen nun auf den Preiskampf. Der Konzern reduzierte in einer konzertierten Aktion seiner Produktionsstandorte Schanghai und Changchun die Preise für alle 44 Varianten seiner neun Modelle der Marke Volkswagen, vom Polo bis zum Passat, um bis zu zehn Prozent.

Golf um 13.000 Euro

Für den in Changchun seit September hergestellten Golf IV wurden die Preise zum zweiten Mal in diesem Jahr reduziert. Das einfachste Golf- Modell mit einem 1,6-Liter-Motor kostet jetzt umgerechnet 13.000 Euro und damit 1500 Euro weniger als zu Jahresanfang. Der Jetta fiel mit seinem Grundmodell im Preis um 1.200 Euro auf unter 10.000 Euro. Der Kleinwagen Golf wurde um 1000 Euro reduziert und ist mit seinem Preis ab 7500 Euro das billigste Modell in der VW-Palette.

VW hat seine Aktion offiziell zeitlich begrenzt und nennt sie ein "Dankeschön" für seine Wahl zum offiziellen Olympia-Sponsor für Peking 2008. Die chinesische Presse wertet die VW-Offensive dagegen als Startschuss für eine neue Runde erbitterter Preiskämpfe.

Tatsächlich reagiert die Volkswagen-Gruppe, die 2003 in China fast 700.000 Autos absetzen konnte (in einem Gesamtmarkt von zwei Millionen verkaufter Autos), auf die seit April einbrechende Nachfrage. Januar bis Mai wurden in China insgesamt 1,03 Mio. Pkw produziert. Davon konnten nach Zahlen des Automobilverbandes 964.700 verkauft werden. Auf fünf Monate gerechnet wuchsen die Verkäufe um mehr als 30 Prozent über den Vorjahreszeitraum.

100.000 Pkw auf Halde

Im Einzelmonat Mai reduzierte sich ihr Zuwachs aber auf nur noch 18 Prozent über dem Vorjahresmonat. Im monatlichen Vergleich fallen seit März die Zahlen für Herstellung und Verkauf, während zugleich die Lagerhaltung zunimmt. Im Mai wurden 25.000 Autos weniger als im April produziert und fast 43.000 Autos weniger verkauft. Zugleich stiegen die Pkw-Halden Ende Mai auf weit über 100.000 Wagen. Internationale Autokonzerne korrigieren ihre euphorischen Wachstumserwartungen für die Verkäufe in diesem Jahr bereits wieder nach unten.

Nach 75 Prozent Zuwachs 2003 werden im Jahresschnitt für Chinas Autoverkäufe 2004 noch 18 Prozent erwartet. "Die nächsten Monate werden zur Durststrecke" warnen Marktkenner aus der Branche. Preiskämpfe, der erschwerte Zugang zu Bankkrediten, steigende Benzinkosten und die Aussicht auf ein größeres und preisgünstigeres Angebot an Importwägen nach dem Ende der WTO-Übergangs- und Schutzfristen 2005 verunsicherten die Käufer. "Sie warten ab." (Johnny Erling aus Peking, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23.06.2004)