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Foto: Archiv
Wien - "Hello Vienna! Make some motherfucking noise!", forderte der Guru. Und weil man einem Guru bekanntlich folgt - sonst wäre er keiner -, schrie sich ein ausverkauftes Wiener Flex kanonartig die Kehle krächzig. Der Mann oben auf der Bühne, der für den verstärkten Zugriff auf Lutschpastillen für Stimmbandgeschädigte am Tag danach gesorgt hat, ist tatsächlich Guru.

Das heißt, so nennt sich Keith Elam, der zusammen mit Chris Martin, besser bekannt als DJ Premier, das HipHop-Duo Gang Starr bildet. Eine Formation, die Ende der 80er-Jahre in New York zusammenfand. Zu einer Zeit, in der im HipHop nach den eher grobkörnigen Produktionen der Pionierdekade eine ästhetische Verfeinerung stattfand. In diesen Tagen der sich verbessernden Produktionsbedingungen galten Teams wie Gang Starr oder Eric B. & Rakim als wesentlich dafür verantwortlich, dass der Rohdiamant HipHop seinen Feinschliff erhielt.

Eine Arbeit, die in Folge zu exzellenten Ergebnissen wie Words In Manifest, Ex Girl To Next Girl oder dem auch live gegebenen Just To Bet A Rep führte. Tracks, die meist auf einem besonders wirkungsvollen Sample aus dem reichlichen Fundus der Soul- und Funkmusik basieren, über das man dann geschmeidig sexy Beats produzierte.

Von dieser Detailarbeit bleibt live natürlich nicht allzu viel übrig. Vor allem deshalb, weil man bemüht ist, die Ausgangssituation, den Beginn des Genres, bühnenmäßig zu adaptieren: Gang Starr stellen bis heute die überlieferte Straßenauthentizität des HipHop live nur mit Plattenspielern und einem Mikrofon nach. Und dafür braucht es schon ein sehr, sehr williges Publikum.

Doch genau das fanden Gang Starr am Montagabend vor. Obwohl Premier und Guru mit Produktionen für Oberliga-Rapper wie Nas oder Jay-Z mittlerweile eher im Hintergrund agieren, gelten sie in Europa auch selbst immer noch als Stars.

Immerhin verlieh Gurus Seitenprojekt Jazzmatazz, mit dem er 1993 HipHop und Jazz verführerisch fusionierte, ihm in der alten Welt eine Reputation, von der er offenbar bis heute zehrt. Entsprechend gab Guru, schwitzend und mit Kappe und "sunglasses after dark" angetan, auch "some Jazzmattaz shit" zum Besten, während hinter ihm ein Ersatz für den verhinderten DJ Premier satte Beats aus dem mitgebrachten Vinyl zauberte.

Guru, mittlerweile mit edlem Feinripp am Oberkörper, bot dazu neben Klassikern auch Freestyle-Raps und Stücke aus dem aktuellen Album The Ownerz , dass ein routiniertes Werk auf hohem Niveau ist. Wenn der Schweiß im Publikum als Indiz für den Zuspruch zu deuten war, muss man wohl von einem Triumph dieser Altvorderen sprechen, die spürbar Freude am eigenen Tun haben. (DER STANDARD, Printausgabe, 23.6.2004)