Wien - Aufgrund der "aktuellen Krise innerhalb der FPÖ bringt die Regierung nichts weiter. Es gibt Instabilität auf allen Linien. Wo Reformen notwendig wären, kommt ein Murks heraus und der Streit geht unvermindert weiter", erklärte SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer am Mittwoch bei einer Pressekonferenz. Statt einer Pensionsharmonisierung, dem Eintreten gegen die Arbeitslosigkeit und dem Kampf gegen den "Bildungskollaps" herrsche schwarz-blauer "Stillstand". Die Regierung solle sich "entweder am Riemen reißen oder den Weg für eine Neuordnung der politischen Verhältnisse frei machen".

"Stehend tot"

Auf die Frage, wie lange seiner Meinung nach die Koalition nach halten werde, sagte Gusenbauer: "Schwierig. Manche meinen, die ist stehend tot". Jedenfalls würden sowohl ÖVP als auch FPÖ "Neuwahlen wie der Teufel des Weihwasser fürchten". Und will die SPÖ Neuwahlen? - Gusenbauer: "Das ist ganz einfach. Wir sind verantwortungsbewusst und tolerant. Wir geben der Regierung die Chance, sich über den Sommer zu sammeln. Derzeit gibt es keine Chance auf Erholung. Wenn die Regierung aber nichts zustande bringt, wird der Weg in Richtung Neuwahlen unausweichlich sein". Es gehe der SPÖ nicht um die Lust an Neuwahlen. Die Bevölkerung habe in diesem Jahr schon eine ganze Reihe von Wahlen hinter sich gebracht und "mit Recht das Bedürfnis, dass wieder gearbeitet wird und wir uns nicht in einer Dauerdiskussion um Wahlen befinden. Die SPÖ hat kein Problem, aber derzeit fragt man sich ja angesichts des Zustandes von ÖVP und FPÖ, wann kommt die nächste Wahl".

Besonders scharf nahm Gusenbauer neuerlich die Abfangjäger-Causa ins Visier. "Das ist eine unendliche Geschichte um den Ankauf des Eurofighters. Jetzt liegt der Bericht des Deutschen Rechnungshofs vor über eine Mängelliste". So sei der Flugbetrieb nicht möglich, wenn der Kampfjet nicht innerhalb von 20 Minuten einen Flughafen ansteuern könne. Es stellt sich die Frage, ob Österreich zum Exerzierfeld für fluguntaugliche Kampfflugzeuge werden soll". Außerdem sei die Maschine "völlig überteuert".

Rechtliche Prüfung des Eurofighter-Ausstiegs

Österreich habe jedenfalls, so Gusenbauer, die Möglichkeit, rechtlich prüfen zu lassen, ob man nicht aus dem Eurofighter-Vertrag aussteigen könne. Die technische Mängelliste sei eine gute Grundlage für einen Ausstieg. Die SPÖ werde jedenfalls eine Enquete zu dieser Frage veranstalten.

Versäumnisse

Gusenbauer hielt der Regierung eine Reihe von Versäumnissen und Fehlern vor. Die SPÖ wende sich gegen eine "Scheinharmonisierung". Die ÖVP wolle offenbar nichts mehr wissen von dem Grundsatz gleiche Beiträge und gleiche Leistungen. In der Beschäftigungspolitik wiederum scheine das Leitmotiv von schwarz-blau zu sein, "Arbeitslosigkeit als schlechteste Form des Wirtschaftens". Und bei der Heeresreform sei die FPÖ schon wieder ausgeschert, indem sie sich gegen eine Senkung des Wehrdienstes ausspreche, wie das die von der Regierung selbst eingesetzte Heeresreformkommission ausgearbeitet habe.

Lopatka und Bleckmann weisen Gusenbauer-Kritik zurück

ÖVP und FPÖ haben die Kritik von SPÖ-Vorsitzendem Alfred Gusenbauer an einer seiner Meinung nach instabilen und arbeitsunfähigen Regierung zurück gewiesen. ÖVP-Generalsekretär Reinhold Lopatka sprach in einer Aussendung von "unqualifizierten Äußerungen" des SPÖ-Chefs. FPÖ-Generalsekretärin Magda Bleckmann hielt Gusenbauer eine "starrsinnige Realitätsverweigerung" vor.

"Auch durch ständiges Wiederholen werden die Behauptungen des SPÖ-Vorsitzenden nicht richtiger", sagte Lopatka. Gusenbauers Darstellungen würden von den Fakten eindeutig widerlegt. "Bei den Arbeitslosenzahlen befinden wir uns im europäischen Vergleich auf Platz zwei und bei der Jugendarbeitslosigkeit haben wir europaweit sogar die niedrigste Arbeitslosenquote zu verzeichnen", sagte der ÖVP-Generalsekretär. Im Vergleich zu Mai 1998, als es noch eine sozialdemokratische Arbeitsministerin gab, gebe es um 3.396 Arbeitslose weniger und 122.440 Beschäftigte mehr.

"Allgemein ist zu sagen, dass Gusenbauers Behauptung, dass die Regierung untätig sei, einfach nicht den Tatsachen entspricht", sagte der ÖVP-Generalsekretär. Die Pensionssicherungsreform 2003 diene zur nachhaltigen Sicherung bestehender und zukünftiger Pensionen und zur Aufrechterhaltung des Generationenvertrages. Gleichzeitig habe man Maßnahmen gesetzt, die ein längeres Verbleiben älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Erwerbsleben garantieren sollen, sagte Lopatka und verwies auf die Verlängerung der Altersteilzeit, die Einführung des Altersübergangsgeldes und den Rechtsanspruch auf Qualifizierung.

Bleckmann: "Regierung arbeitet geradlinig"

Bleckmann wiederum meinte, die SPÖ habe jahrzehntelang in der Regierung den Stillstand perfektioniert, danach als Opposition das Reformtempo der Bundesregierung als "speed kills" kritisiert, und beschwere sich jetzt über die angeblich zu geringe Geschwindigkeit bei den anstehenden Reformen. "Vielleicht sollte sich Gusenbauer erst dann wieder zu Wort melden, wenn er sich darüber im Klaren ist, was er und seine Partei denn nun eigentlich wollen. Während diese Regierung für die Menschen geradlinig arbeitet, versucht die SPÖ in der Opposition die Quadratur des Kreises", so Bleckmann.

"FPÖ wird mit neuem Team erfolgreiche Arbeit fortsetzen"

Die FPÖ werde mit dem neuen Team der designierten Parteiobfrau Ursula Haubner die erfolgreiche Regierungstätigkeit der freiheitlichen Partei fortsetzen und das verwirklichen, wovor sich die SPÖ in Wahrheit am meisten fürchte; nämlich zu beweisen, wer die besseren Konzepte, Visionen und Lösungen für Österreich habe, gab sich Bleckmann optimistisch. (APA)