Kohls Anwalt Stephan Holthoff-Pförtner äußerte sich "sehr zufrieden" mit dem Urteil. Demgegenüber betonte die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler, die Herausgabe werde durch das Urteil "ganz erheblich eingeschränkt".
Nur zu Forschungszwecken
Zwar habe der Gesetzgeber die Herausgabe von Stasi-Unterlagen über Politiker und Prominente mit der Novelle des Unterlagen-Gesetzes von 2002 nicht länger generell untersagt, urteilten die Richter. Es müssten aber stets die Grundrechte berücksichtigt werden, die auch Politikern und Prominenten zustünden. Das gelte nicht nur für die Tonbänder und Wortlautprotokolle selbst, die unter keinen Umständen herausgegeben werden dürften, sondern grundsätzlich auch für alle darauf beruhenden Berichte, Analysen und Stellungnahmen. Dies zwinge zu einer "einschränkenden Auslegung und Anwendung des Gesetzes".
Stasi-Unterlagen mit personenbezogenen Informationen dürften im Grundsatz nur zu Forschungszwecken verwendet werden. Auch dann müsse sichergestellt sein, dass sie nicht in "unbefugte Hände" gelangten oder veröffentlicht würden. Für die Berichterstattung in den Medien oder für die politische Bildung hingegen dürften Stasi-Unterlagen grundsätzlich nur mit Einwilligung des Betroffenen selbst herausgegeben werden. Das gelte auch für Politiker und Prominente. Eine Ausnahme vom Veröffentlichungsverbot kommt dem Urteil zufolge nur unter bestimmten Umständen in Betracht, etwa wenn die Informationen aus allgemein zugänglichen Quellen stammen.
Holthoff-Pförtner sagte, mit dem Urteil seien "in wesentlichen Bereichen die Persönlichkeitsrechte der Opfer geschützt worden". Er sehe nach der Entscheidung "keine Tendenz" zu möglichen weiteren rechtlichen Schritten seines Mandaten. In der Vergangenheit hatte Kohl stets betont, er halte sich einen Gang zum Bundesverfassungsgericht (BVG) nach Karlsruhe offen.
Birthler sagte, das Urteil entspreche nicht der Intention des Gesetzgebers. Dieser habe gewährleisten wollen, dass Akten zur Aufarbeitung der Stasi verwendet werden dürfen. Künftig müsse die Herausgabe aber restriktiver gehandhabt werden. "Die Aktenherausgabe wird durch das Urteil erheblich eingeschränkt", sagte sie. "Die großen Verlierer dieses Verfahrens sind die Medien." Die Ungleichbehandlung von Journalisten und Forschern sei ungerecht. Es bleibe nun ein Teil von Akten über Kohl, der freigegeben werden könne. Dessen Herausgabe werde nun vorbereitet.