Es ist nicht anzunehmen, dass es das Weiße Haus besonders beeindrucken wird, aber bei den Österreichern sind die USA laut einer jüngstes Imas-Umfrage im Moment ziemlich unten durch. Der irakische Folterskandal hat das Ansehen Amerikas stark in Mitleidenschaft gezogen. Und die Gespenster von Abu Ghraib sind nicht nur hierzulande noch am Leben, sondern auch in den USA selbst. Dort hält sich die Debatte um folternde Soldaten und deren Vorgesetzte nun schon seit Wochen mit einer solchen Zähigkeit in den Medien, dass das Weiße Haus jetzt zu einem Gegenschlag ausgeholt hat.

Eine Reihe von eilfertig publizierten Geheimdokumenten soll beweisen, dass Bush in einem Akt menschlicher Generosität zur schonenden Behandlung von Al-Kaida- und Taliban-Gefangenen aufgerufen habe. Und das, obwohl ihm das Justizministerium in einem Rechtsgutachten 2002 freie Hand gegeben hatte, als Oberbefehlshaber der Armee auch die Folter anzuordnen.

Die Gründe, die Bush dazu bewegen, gerade jetzt seine Geheimschatullen zu öffnen, nachdem er sich lange dagegen gesträubt hatte, sind leicht zu erraten. Offenbar soll das Image des "mitfühlenden Konservativen" reaktiviert werden, mit dem der Präsident im Jahr 2000 seinen Wahlkampf bestritt. Jüngste Umfragen, wonach Bush bei seiner Kernkompetenz, der Terrorbekämpfung, massive Einbußen an Glaubwürdigkeit verbuchen muss, haben diese publizistische Offensive sicher ebenfalls beflügelt.

Freilich kann auch die beste Imagepolitur nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Kampf gegen den Terror mühseliger verläuft, als dies die Wahlkämpfer gerne sähen. Am Dienstag musste Außenminister Colin Powell die Opferzahlen, die der internationale Terrorismus im Jahr 2003 gefordert hat, deutlich nach oben revidieren. Eine unschöne Erinnerung daran, dass das Design dieses Antiterrorkampfes offenbar in jeder Hinsicht noch verbesserungsbedürftig ist. (DER STANDARD, Printausgabe, 24.6.2004)