Washington - Soziale Beziehungen und ganz besonders die Liebe von Kindern zu ihrer Mutter wird chemisch im Hirn gesteuert - zumindest bei Mäusen. Das hat ein Forscherteam um Francesca D'Amato vom Institut für Neurologie, Psychobiologie und Psychopharmakologie des italienischen Forschungsrats in Rom nachgewiesen. Die Forscher züchteten Mäusebabys ohne so genannte Opioid-Rezeptoren im Hirn und fanden keine Spur von Anhänglichkeit oder Verlangen der Jungen nach ihrer Mutter. Der Bericht erscheint am Freitag im US-Wissenschaftsjournal "Science" (Bd. 304, S. 1983).

Für normale Mäusebabys mit aktiven Opioid-Rezeptoren dagegen gleicht die Abwesenheit der Mutter einem körperlichen Schmerz, erläutern die Forscher. Das Team verabreichte außerdem neugeborenen Nagern ein Schmerzmittel, das auf die Opioid-Rezeptoren im Hirn wirkt. Daraufhin wurden die Mäusebabys ruhig und stellten die Rufe nach ihrer Mutter ein.

Gesteuerter Schmerz

"Der emotionale Trennungsschmerz wird vom gleichen (chemischen) Faktor im Hirn gesteuert wie körperlicher Schmerz", schreibt der Verhaltensneurologe Thomas Insel von den US-Gesundheitsinstituten (NIH) in Bethesda (Maryland) in einem "Science"-Begleitkommentar. Das heiße umgekehrt, dass Babys, die wohlig mit der Mutter kuscheln, die Liebe zu ihr ebenfalls über dasselbe chemische System im Hirn entwickeln.

Die Versuche könnten für die Erforschung von Autismus interessant sein. Weitere Untersuchungen sollen klären, ob sich autistische Kinder möglicherweise wegen eines gestörten Opioid-Systems von ihrer Umwelt abkapseln und unfähig sind, eine engere Beziehung zu ihrer Mutter und anderen Menschen zu knüpfen. (APA/dpa)