Straßburg - Schläge für Kinder als Erziehungsmaßnahme soll in
Zukunft in Europa keinen Platz mehr haben. Von diesem Leitsatz
ausgehend hat die Parlamentarische Versammlung des Europarats die
Regierungen der 45 Mitgliedstaaten aufgefordert, diese Form der
Gewaltanwendung vollkommen zu verbieten. Zwar sei in allen
Europaratsstaaten die körperliche Züchtigung in Schulen abgeschafft
worden, aber nur eine geringe Zahl von Ländern habe dies auch
innerhalb der Familie generell unter Strafe gestellt, wie es
internationale Verträge fordern. Und ein Unrechtsbewusstsein seitens
der Eltern fehle weitgehend, hieß es.
In ihrer Empfehlung fordern die Abgeordneten, dass Europa zu einem
Raum ohne körperliche Bestrafung für Kinder wird. Die schwedische
Berichterstatterin Helena Bargholtz (Liberale) erklärte zum Auftakt
der Debatte in Straßburg, wenn ein solches Vorgehen gegen Erwachsene
gerichtet wäre, würde das zu Recht als Körperverletzung
strafrechtlich verfolgt werden. Wenn es allerdings um Kinder gehe,
würden deren Grundrechte europaweit noch immer mit nur wenigen
Ausnahmen systematisch missachtet.
Frage bisher vernachlässigt
Auch der Europarat hat diese Frage bisher vernachlässigt, so
Bargholtz. Die Staatengemeinschaft hätte sich längst dafür einsetzen
müssen, alle Formen der körperlichen Züchtigung zu verbieten, um die
Verpflichtungen aus der Europäischen Sozialcharta zu erfüllen. Die
Europäische Kommission für Menschenrechte und der Straßburger
Menschenrechtsgerichtshof hätten wiederholt festgestellt, dass das
Verbot jeglicher körperlicher Züchtigung nicht gegen das Recht auf
Privat- oder Familienleben verstößt, betonte die Berichterstatterin.
Gewalt gegen Kinder könne ferner auch nicht durch das Recht auf
religiöse Freiheit begründet werden.
Der Bericht verweist u.a. auf Untersuchungen an kroatischen
Universitäten, wonach 93 Prozent der Studenten in ihrer Kindheit
körperlich bestraft wurden. Das Land hat diese Strafe mittlerweile
offiziell verboten. In Griechenland wird eines von drei Kindern
wenigsten einmal pro Woche verprügelt, in Rumänien werden 75 Prozent
der Kinder zwischen elf und 13 Jahren körperlich bestraft, in
Großbritannien sogar 91 Prozent, wie eine Studie aus den neunziger
Jahren ergab. n der Slowakei waren drei Viertel der Befragten der
Meinung, dass ein gelegentlicher Klaps erlaubt sein müsse. Rund 42
Prozent hielten gelegentliches Schlagen für vertretbar, 23 Prozent
sogar wiederholtes Prügeln.(APA)