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Kunststaatssekretär Franz Morak scheint doch lieber Hochkultur zu fördern als Basisarbeit.

Foto: APA/EPA/keystone/Martial Trezzini
Gerhard Ruiss, Sprecher der IG Autoren, meint in einem Kommentar zum jüngst veröffentlichten Kunstbericht 2003 amüsiert, dass es "an ein Wunder grenzt", wie es das Kunststaatssekretariat seit Jahren schaffe, "seine gekürzten und nicht wieder angehobenen Kunstförderungsausgaben als Erfolg auszuweisen". In der Tat: "Die Entwicklung des Kunstbudgets im Jahr 2003 kann als durchaus zufrieden stellend betrachtet werden", tat Franz Morak stolz in einer Aussendung kund.

Im Vorwort des Berichts gesteht er zumindest ein "nominal stagnierendes Förderungsbudget" ein. Und in Wirklichkeit ist es um ein Prozent gesunken: von 79,56 Millionen Euro im Jahr 2002 auf deren 78,79. Diese Summe ist die zweitniedrigste der letzten zehn Jahre: Sie wird nur von den erbärmlichen 77,06 Millionen Euro des Wendejahres 2000 unterboten. Wehmütige Erinnerungen werden daher wach: Unter Kunstminister Rudolf Scholten (SP) war das Budget stark angestiegen, und es bewegte sich von 1994 bis 1999 stets deutlich über der 80-Millionen-Euro-Grenze.

Den neu konzipierten Kunstbericht gibt es seit 1996. Doch trotz breitem Farbenspektrum wurde für das Cover des jüngsten Zahlenwerks just ein grelles Grün verwendet, das jenem des '97er-Berichts erstaunlich ähnelt. Was einen Vergleich mit jenem Jahr, als Scholten gehen musste und Peter Wittmann als SP-Staatssekretär die Kunstagenden übernahm, nahe legt.

Auf den ersten Blick hat sich kaum etwas verändert: Die vier größten Subventionsempfänger - darunter das Volkstheater und die Josefstadt - blieben die gleichen. Die einen bekommen ein wenig mehr, die anderen ein bisschen weniger: Das Österreichische Filminstitut fiel von 8,79 auf 8,31 Millionen Euro, die Salzburger Festspiele stiegen von 5 auf 5,44 Millionen.

Doch auf den Plätzen tat sich Gravierendes: Neu in der Liste jener Subventionsempfänger, die 218.000 Euro oder mehr erhalten, sind zwar die Österreichische Filmgalerie in Krems, das Gironcoli-Museum in Herberstein und die Festspiele Erl. Aber heraus fielen unter anderem das OHO Oberwart, die burgenländische Kulturvereinigung Kuga, die Cselley Mühle, das Festival der Regionen, das Theater für Vorarlberg und das Kunsthaus Mürzzuschlag. Samt und sonders Kultureinrichtungen in den Bundesländern. Dies steht im Widerspruch zu Moraks Bekenntnis im Kunstbericht, er habe es sich "als Kulturpolitiker" zur Aufgabe gemacht, "gezielt regionale Initiativen zu fördern": Insgesamt hätten "wir", schreibt Morak, das Budget für diese um rund zwölf Prozent (auf 4,22 Millionen Euro) steigern können. Was aber nur im Vergleich mit 2002 stimmt: 1997 waren die Initiativen mit 5,59 Millionen bedacht worden.

Morak scheint also doch lieber Hochkultur zu fördern als Basisarbeit. Noch dazu, wenn sie im sozialdemokratischen Burgenland geleistet wird: Von den 78,79 Millionen Euro floss in dieses nur rund eine Million. Das Burgenland bildet damit in Moraks Hochrechnung über die Verteilung der Mittel auf die Bundesländer ganz klar das Schlusslicht.

Wien hingegen ist der Hauptbegünstigte, auch wenn Morak die Subvention für die Festwochen auf Null stellte und etliche Kürzungen vornahm. Egal, ob der Anteil am Kuchen nun 52,8 Prozent ausmacht, wie der Staatssekretär behauptet, oder etwas weniger: Allein für die beiden Wiener Stadttheater zahlte der Bund 10,3 Millionen Euro. Das ist mehr als für alle Aktivitäten in Nieder- und Oberösterreich, Tirol, Kärnten und das Burgenland zusammen.

Zu den Verlierern gehört auch der Kulturkontakt, eine Drehscheibe zu Osteuropa: Die Subventionen für den von Scholten ins Leben gerufenen Verein wurden um mehr als ein Drittel reduziert (von 2,13 auf 1,28 Millionen Euro). Obwohl Morak im Vorwort lang und breit über die Notwendigkeit, die Zusammenarbeit mit den Staaten Zentral- Ost- und Südosteuropas zu "verbessern", befindet. Aber wenn einer allen Ernstes behauptet, acht "ehemals kommunistische Staaten" seien (mit dem EU-Beitritt) "nach Europa zurückgekehrt", und wenn einer behauptet, "Dvorák, Bartók und Chopin" seien "im Westen selbstverständlich als europäische Künstler rezipiert" worden, obwohl diese den Kommunismus, den Morak ja als Ausschließungsgrund für Europa ansieht, gar nicht miterlebt haben, dann braucht man gar nicht weiterreden. (DER STANDARD, Printausgabe, 26./27.6.2004)