Rehhagel nach dem Semifinal-Einzug im Interview mit der deutschen Presseagentur:
dpa: Griechenland hat die Sensation geschafft und Titelverteidiger
Frankreich aus dem EM-Turnier geworfen. Was bedeutet dies für das
Land, das in wenigen Wochen Gastgeber der Olympischen Spiele ist?
Rehhagel: "Diese Nachricht wird um die Welt gehen. Da werden die
Menschen in Rio de Janeiro, New York und Tokio aufhorchen. Wir haben
unsere Außenseiterchance genutzt."
dpa: Rechnen Sie sich nun auch im Halbfinale gegen den Sieger aus dem
Spiel Tschechien - Dänemark Chancen aus?
Rehhagel: "Wir sind erst einmal glücklich, das nächste Spiel noch
angehen zu dürfen."
dpa: Mit welcher Taktik haben Sie es geschafft, die Grande Nation zu
stürzen?
Rehhagel: "Über Strategien spreche ich nicht, man kann seine
Karten doch nicht offen auf den Tisch legen. Nur so viel: Wir haben
den Franzosen das angeboten, was sie noch nicht kannten. Wir sind
näher ran gegangen an die Leute."
dpa: War der Sieg nicht auch deshalb möglich, weil Frankreich einfach
nicht gut spielte?
Rehhagel: "Es gibt den Spruch: Man spielt nur so gut, wie es der
Gegner zulässt. Wir haben es nicht zugelassen."
dpa: Der unglaubliche Erfolg lässt ganz Griechenland Kopf stehen.
Rehhagel: "Wenn wir zwei Mal gewinnen, wollen sie gleich
Europameister werden, und wenn wir zwei Mal verlieren, wollen sie
sich gleich ins Meer stürzen. Was wir hier geschafft haben, ist für
die Leute in Griechenland wie ein Wunder. Heute sollten wir uns
freuen, doch ich sage auch: Bleibt auf den Boden der Tatsachen,
bleibt bescheiden."
dpa: Wie haben Sie es geschafft, aus Einzelkämpfern mit
durchschnittlichem Erfolg ein spielstarkes Kollektiv zu machen?
Rehhagel: "Viele haben in Deutschland gedacht, der fährt nur ab
und zu Mal nach Griechenland. Nein, ich habe mit meinem
Assistenztrainer Tag und Nacht dafür gearbeitet."
dpa: Haben Sie auch deutsche Tugenden wie Disziplin eingeführt?
Rehhagel: "Ich habe ihnen gesagt: Wenn man mit einer Truppe von 30
Profis arbeitet, kann nicht jeder machen, was er will. Früher hat
jeder gemacht, was er will. Jetzt macht jeder, was er kann. Ich habe
eine demokratische Diktatur eingeführt. Es ist eine gute Truppe
geworden."