Besonders Österreich pocht auf einheitliche EU-Standards in der Atompolitik.

Foto: TECHT Hans Klaus
Brüssel - Die Schaffung einheitlicher Atom-Sicherheitsstandards in der EU rückt in weite Ferne. Nach Verhandlungen von eineinhalb Jahren unter den EU-Staaten wollen die Umweltminister am (morgigen) Montag bei ihrem Treffen in Luxemburg gemeinsame Schlussfolgerungen verabschieden, in denen die Entscheidung über nukleare EU-Normen auf die lange Bank geschoben wird. Zwar wird für die Zukunft kein Kontrollinstrument auf europäischer Ebene ausgeschlossen, doch zunächst sollten bestehende Sicherheitseinrichtungen genutzt und die Entwicklung weiter verfolgt werden, heißt es.

Herber Rückschlag für österreichische Anti-Atom-Politik

Aus Sicht der österreichischen Bemühungen, der EU eine klare Kompetenz im Bereich der nuklearen Sicherheit zu geben, bedeutet dies einen herben Rückschlag. Im Zuge der Beitrittsverhandlungen mit Tschechien, der Slowakei, Ungarn und Slowenien hat Österreich wiederholt auf einheitliche EU-Standards gedrängt. Dem Vernehmen nach lehnten die "Atommächte" Deutschland, Finnland, Schweden, Großbritannien und einige osteuropäische Neumitglieder die Vorschläge der EU-Kommission ab. Frankreich, das traditionell als Atomkraft-freundlich gilt, sei durchaus kompromissbereit gewesen, heißt es in Delegationskreisen. Das deutsche Nein überrascht insofern, als die rot-grüne Bundesregierung die schrittweise Stilllegung aller 19 kommerziell betriebenen deutschen Atomkraftwerke beschlossen hat.

Fester Zeitplan für weitere Verhandlungen gefordert

Österreich, Italien und Luxemburg bedauern zwar in einer Erklärung, "dass die Arbeit von 18 Monaten nicht vom Erfolg gekrönt wurde", wollen die Schlussfolgerungen aber dennoch mittragen. Die drei Länder verlangen einen festen Zeitplan zum Beschluss rechtlich-bindender EU-Sicherheitsstandards und fordern die Kommission auf, ihre Initiative wieder aufzunehmen. Dagegen verweist der gemeinsame EU-Text auf bestehende Gremien wie die Vereinigung der westeuropäischen Atomaufsichtsbehörden (WENRA), in der das AKW-freie Österreich nicht vertreten ist. Wegen der Regierungsumbildung in Wien ist die Teilnahme von Umweltminister Josef Pröll (V) bei dem Treffen in Luxemburg offen.

Inhalte des geplanten Pakets

Das im November 2002 von der zuständigen EU-Kommissarin Loyola de Palacio vorgelegte Paket zielte auf die Überprüfung der nationalen Atomsicherheitsbehörden, ohne dass die EU eigene Inspektoren in Kernkraftwerke ausgeschickt hätte. Um die Stilllegung von Nuklearanlagen sicherzustellen, sollten Fonds obligatorisch eingerichtet werden. In einer zweiten Richtlinie wollte die Kommission die EU-Staaten zur Endlagerung hoch radioaktiver Abfälle in tiefen geologischen Schichten verpflichten. Das Europaparlament hat sich für teils schärfere Bestimmungen ausgesprochen, kann in dieser Frage aber nicht mitentscheiden.

Genmais

Abstimmen wollen die Umweltminister am Montag über den Genmais NK 603 des US-Agrarkonzerns Monsanto. Es gilt als wahrscheinlich, dass keine Mehrheit für oder gegen eine Einfuhrgenehmigung zu Stande kommt. Nach Angaben von EU-Diplomaten lehnen Österreich, Dänemark, Luxemburg, Griechenland, Italien, Litauen, Lettland und Slowenien eine Zulassung ab. Damit dürfte der Ball zurück an die Kommission gehen, die den herbizidresistenten Mais auf dem europäischen Markt sehen will. Am Montag geht es nur um die Genehmigung als Futtermittel. Erst im Juli wird der EU-Ministerrat entscheiden, ob der Mais auch als Lebensmittel in die EU importiert werden darf.

EU-Richtlinie für Qualität von Badewasser

Nach jahrelangen Verhandlungen wollen die Umweltminister schließlich die EU-Richtlinie zur Beurteilung der Qualität von Badegewässern an den Stand der Technik anpassen. Mehrere Länder wehrten sich gegen eine Verschärfung der Bestimmungen, heißt es in Diplomatenkreisen. Anstelle von bisher 19 Kriterien zur Beurteilung sollen in Hinkunft nur zwei mikrobiologische Parameter über die Gesundheitsverträglichkeit der Badeseen und Küsten entscheiden. Anfang Juni hatte die EU-Kommission den österreichischen Badeseen ein gutes Zeugnis ausgestellt: 97,4 Prozent erfüllten die gesetzlichen Mindeststandards, 80 Prozent die strengeren freiwilligen Vorgaben. (APA)