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VA-Tech Generaldirektor Erich Becker

Foto:APA/Gindl

Wachablöse in der teilstaatlichen VA Tech: Am Freitag übergibt Generaldirektor Erich Becker den Anlagenbaukonzern an seinen Nachfolger Klaus Sernetz. Der Konzern sei jetzt gut aufgestellt, "Leichen im Keller" könne man aber nie ausschließen, sagt er zu Luise Ungerboeck.

STANDARD: Glaubt man Ihrem Vorgänger, haben Sie 1999 einen aufgeräumten Konzern übernommen. Tatsächlich schrieb die VA Tech mehrmals Millionenverluste. Was übergeben Sie Ihrem Nachfolger?

Becker: Ich übergebe nichts Vollendetes, Perfektes, Abgerundetes. Aber ich glaube, der Baukasten ist in Ordnung. Man kann weiter bauen. Dass ein Konzern in einer solchen Aufstellung immer Probleme haben wird, ist klar. Ich sage nur: Austrian Energy, Wassertechnik. Ohne den Einbruch im Industrieanlagenbau wären Expansions-, Akquisitions- und Umstrukturierungskurs natürlich leichter gewesen. Der hat uns schwer gebeutelt, denn die Reserven waren ja schon verbraucht. So wie wir jetzt aufgestellt sind mit Metallurgie, Energieverteilung, Energieerzeugung und Infrastruktur halte ich ihn für gut überlebensfähig.

STANDARD: Sie wollten die VA Tech vor fünf Jahren so umbauen, dass sie "vor Überraschungen gefeit sind". Seither gab es viele Überraschungen. Haben Sie zu spät reagiert?

Becker: Den Niedergang der Metallurgie nicht richtig vorhergesehen zu haben, da bin ich wirklich in edelster Gesellschaft mit Wirtschaftsforschern und Experten. Dass es so geschwind gehen wird, haben alle nicht vorausgesehen. Auch die Konkurrenten nicht. SMS/Demag etwa ist noch nicht problemfrei, unser Industrieanlagenbau verdient aber schon sehr viel Geld.Es hätte mich gefreut, wenn die "Gscheiterln", die das jetzt wissen, mir das damals gesagt hätten. Das wäre toll gewesen! Der Niedergang wurde jetzt ebenso überraschend von einem beispiellosen Boom abgelöst. Sie sehen, wie langfristig dieses Geschäft ist.

STANDARD: Was sehen Sie als ihre größten Erfolge?

Becker: Einen aussichtsreichen Fortbestand des Konzerns gesichert zu haben. Der Konzern selbst ist ja nicht an der Kippe gestanden, aber die Diskussionen über eine Teilung des Konzerns war sehr lebhaft. Das kam teils von den Eigentümern, aber auch aus dem Unternehmen selbst, wo es bei Problemfälle immer gleich hieß, "weg damit". Ich gehe davon aus, dass das jetzt vorbei ist. Der Industrieanlagenbau kann heute mit einem Geschäftsvolumen von einer Milliarde Euro gut überleben, weil er in den Kostenstrukturen auf dieses Maß ausgerichtet ist. Umso besser geht es ihm mit 1,3 Milliarden Euro. Und: Die VAI wurde kolossal verjüngt, der Generationswechsel ist vollzogen.

STANDARD: Was sind Ihre größten Niederlagen?

Becker: Am erschütterndsten waren die Talfahrt der Metallurgie und der Zusammenbruch des Babcock-Konzerns, der mit 50 Millionen Euro auf unsere Bilanz durchschlug.

STANDARD: Warum ist es gelungen, bei Böhler-Uddeholm und Voestalpine stabile österreichische Aktionäre zu finden, und bei der VA Tech nicht?

Becker: Böhler und Voest sind nicht im Anlagenbau, wo es immer Überraschungen geben kann. Stahl hat überschaubare Marktverhältnisse und Zyk^len, über die man drüberkommen muss. Beide Firmen haben Ergebnis- und Dividendenkontinuität. Wir hatten Verlustjahre, Gewinnjahre, mit oder ohne Dividende.

STANDARD: Investoren begründen ihre Zurückhaltung damit, dass bei der VA Tech noch Leichen im Keller sein könnten.

Becker: Sie können Leichen im Keller nie ausschließen!

STANDARD: Sehen Sie eine neue Chance für die Ende April vom Großaktionär Mirko Kovats abgelehnte Kapitalerhöhung?

Becker: Solang das Verfahren der Übernahmekommission läuft, nicht. Sie wissen ja nicht, ob ein Pflichtangebot kommt, dann wären die Beschlüsse nichtig. Die Diskussion um Kapitalerhöhungen ist aber nur aufgeschoben, die Reparaturarbeiten haben schon eingesetzt. Es braucht jetzt Vertrauen zwischen Vorstand und Aktionären.

STANDARD: Wird bei Kovats’ "erratischen Schwankungen" nicht ganz einfach.

Becker: Generaldirektor Klaus Sernetz und sein Stellvertreter Gerhard Falch wurden einstimmig unter Mitwirkung von Kovats’ Vertretern bestellt. Das ist der qualitative Unterschied zu mir. (DER STANDARD Printausgabe 30.06.2004)