Wien - Das Wiener Ausländerwahlrecht ist vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) klar durchgefallen. Die Höchstrichter haben am Mittwoch die Aufhebung des umstrittenen Gesetzes verkündet. Laut VfGH-Präsident Karl Korinek hat es sich bei der Causa um eine "relativ einfache Rechtssache" gehandelt. Das Wahlrecht für Nicht-EU-Bürger auf Bezirksebene ist demnach verfassungswidrig, weil es gegen das "Homogenitätsprinzip" verstößt, das ein einheitliches Wahlrecht fordert.
Die Regelung hat vorgesehen, dass Ausländer, die seit fünf Jahren durchgehend in Wien ihren Hauptwohnsitz haben, das aktive und passive Wahlrecht auf Bezirksebene erhalten. FPÖ und ÖVP sind vor den VfGH gezogen, nachdem der Wiener Landtag im April 2003 einen Beharrungsbeschluss gefällt hatte - und zwar mit den Stimmen von SPÖ und Grünen.
Einheitliches Wahlrecht
Der VfGH hob hervor, dass für alle Wahlen ein in Grundzügen einheitliches Wahlrecht vorgesehen ist. Zu diesen Grundzügen gehöre auch, dass das Wahlrecht nur österreichischen Staatsbürgern zukommt. Eine Ausnahme stellen lediglich EU-Bürger dar, die auf Bezirksebene in Wien und auf Gemeindebene in anderen Bundesländern zur Wahlurne schreiten dürfen. Die Bezirksvertretungen sind jedenfalls "allgemeine Vertretungskörper", wie der VfGH festhielt - und somit von diesem Grundzug betroffen.
Der VfGH verwies auf den Artikel 1 des österreichischen Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG): "Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus." Der Begriff des Volkes knüpfe dabei an die Staatsbürgerschaft an. Auch die Tätigkeit der allgemeinen Vertretungskörper falle unter Artikel 1 B-VG. Für die Schaffung eines Ausländerwahlrechts müsse es darum eine generelle Verfassungsänderung geben, betonte Korinek.
Genau dies will die Wiener SPÖ nun erreichen: Die designierte Wiener Integrationsstadträtin Sonja Wehsely appellierte mittels Antrag im Landtag an den Bund, ein Ausländerwahlrecht zu ermöglichen. Auch im Österreich-Konvent soll dies zur Sprache gebracht werden.
SPÖ und Grüne enttäuscht
Wehsely betonte, die Entscheidung respektieren zu wollen. Auch Bürgermeister Michael Häupl (S) und die scheidende Integrationssta dträtin Renate Brauner (S) versicherten, dass sie den Spruch akzeptieren. Erwartungsgemäß zeigten sie sich aber wenig erfreut. Das Gesetz sei erlassen worden, um Menschen, die schon lange in Wien leben, Mitbestimmung zu ermöglichen, verwies Häupl auf den Anlass für die Regelung. Enttäuscht zeigten sich auch die Grünen. Die designierte Rathaus-Klubchefin Maria Vassilakou sprach von einer "Niederlage für ein weltoffenes und modernes Wien".
FPÖ zufrieden
Zufrieden zeigten sich Vertreter der FPÖ: Klubchef Hilmar Kabas sprach von einem "Sieg des Rechtsstaates". Landesparteichef Heinz-Christian Strache ortete eine "ordentliche Watsch'n" für die SPÖ. Strache befürchtete allerdings, dass in Wien nun noch unkritischer "Masseneinbürgerungen" vorgenommen werden. FP-Generalsekretärin Magda Bleckmann äußerte sich ebenfalls positiv: "Wahlrecht ist Staatsbürgerrecht und darf nicht wahllos verschleudert werden."
ÖVP fühlt sich bestätigt
Der geschäftsführende Wiener VP-Obmann Johannes Hahn sah die Argumentation seiner Partei bestätigt. Ein Meldezettel könne nicht Ersatz für die Staatsbürgerschaft sein, meinte Hahn. Denkbar sei für ihn jedoch, die Verleihung der Staatsbürgerschaft zu verkürzen. Derzeit seien zehn Jahre Normalfrist, nur im allerseltensten Fall bekomme man sie nach sechs Jahren, so Hahn. (APA)