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Portugals Teamchef Scolari erklärt seinen Stars, wo's langgeht. Deco und Figo halten sich daran und gehen ins Finale.

Foto: Reuters/Lampen

Lissabon - Frohlocken auf Portugiesisch heißt frohlocken in Iberiens Westen, auf Madeira, auf den Azoren, in der ehemaligen Kolonie Ost-Timor, in der ehemaligen Enklave Macao an der chinesischen Küste. In Amsterdam hingegen folgte dem Schlusspfiff ein heftiger Regenschauer, bildlich wie wirklich.

Portugals Exministerpräsident José Manuel Durao Barroso, der bald Chef der EU sein wird, glaubt wie viele seiner Landsleute schon an einen historisch noch bedeutungsvolleren Tag: "Der Himmel ist unsere Grenze. Und mit Gottes Hilfe werden wir das Finale gewinnen."

"Ich kann meine Emotionen nur ganz schwer in Worte fassen." Also sprach Luis Figo (31), Weltfußballer des Jahres 2001, Mitglied des Starensembles von Real Madrid. "Ich bin dankbar für diesen Moment", fasste Figo unter Schlucken aber dann doch was in Worte. "Vor 13 Jahren war ich Weltmeister mit den Junioren im Estadio da Luz, seitdem war es mein Ziel, das Finale eines großen Turniers zu erreichen. Jetzt bin ich im Finale, zu Hause, mit unseren Anhängern. Besser geht es nicht." Figo, der gerührte Millionenmann, ging ab. Gerade rechtzeitig, um nicht in die Kamera zu heulen.

Auf den Tag genau 13 Jahre zuvor war er ein paar Hundert Meter weiter vom Stadion José Alvalade, wo Portugal beim vierten Versuch endlich das Halbfinale eines großen Turniers gewann, zum Teil der so genannten "Goldenen Generation" geworden. Die U20 hatte damals bei der WM im eigenen Land den Titel von 1989 verteidigt, mit einem Sieg im Finale gegen Brasilien. Die großen Erwartungen, die dieser 30. Juni 1991 weckte, erfüllten sich spät, aber doch.

Und dass Portugal es jetzt schaffte, ist zu einem Großteil Figos Verdienst. Offenbar angetrieben durch die Auswechslung im Viertelfinale gegen England, wurde er zur zentralen Figur im Halbfinale. Er traf gegen die Niederländer die Stange, nicht ins Tor, er bereitete auch keines vor. Figo dirigierte, und grätschte in der Endphase sogar bei der eigenen Cornerfahne. Nach dem Schlusspfiff fiel er zu Boden, gequält von Wadenkrämpfen. Um ihn herum lagen seine fertigen Kollegen. Unter "Purrtugall"-Gesängen rappelten sie sich dann auf, bildeten einen Kreis und hüpften wie Kinder herum. Die Portugiesen machten alles selbst beim 2:1 - Cristiano Ronaldo traf nach einer Ecke von Deco; Maniche erhöhte mit einem Weltschuss; Andrade verkürzte mittels Eigentor. Oranje schaute zu, bemühte sich zwar, hatte Chancen, doch die Portugiesen hatten verdientermaßen mehr vom Spiel - und zwar den Finaleinzug gegen Tschechien oder Griechenland.

In Lissabon herrschte der ganz normale Ausnahmezustand wie nach jedem Sieg bisher - in den großen Städten brach der Verkehr zusammen. Portugals Coach Luiz Felipe Scolari verlängerte seinen Vertrag bis 2006. Auf den Tag genau vor zwei Jahren hatte er die Selec¸cao seines Heimatlandes Brasilien zum fünften WM-Titel geführt. Scolari: "Nach der WM ist dies ein magischer Moment für mich."

Bis 2006 läuft auch noch der Vertrag von Dick Advocaat. Doch die Erklärung, die der Bondscoach für den kommenden Dienstag ankündigte, wird wohl seinen Rücktritt enthalten. Der 56-Jährige ist zermürbt. "Das ist ein diszipliniertes Team", sagte er über die Seinen, "denn das Semifinale zu erreichen trotz all der Dinge, die sich rund um unsere Mannschaft ereignen, ist nicht leicht. Es gibt zu viele Besserwisser." Stürmer Roy Makaay lieferte die Zusammenfassung des Spiels: "Die waren besser." (sid, bez - DER STANDARD PRINTAUSGABE 2.7. 2004)