Wien - Hans Krankl hat vor dem Fernseher zwei Erkenntnisse aus der Euro 2004 gewonnen. "Alle und keine." Die Partien seien generell sehr niveauvoll gewesen und zwar in allen für den Fußball relevanten Bereichen, "technisch, spielerisch, kämpferisch, taktisch, vom Tempo her." Das Traurige sei aber, "dass diese Entwicklung für die aktuelle österreichische Nationalmannschaft keine Bedeutung hat. Die Arbeit beginnt bei den Buben." Da Krankl A-Teamchef ist, muss er zwangsläufig mit ausgewachsenen Männern arbeiten, für die er einen Tipp parat hat: "Selbstvertrauen ist alles. Griechenland hatte Selbstvertrauen. Es ist von Spiel zu Spiel größer geworden." Hinzufügen müsse man: "Glück ist wesentlich."
Der Erfolg der Griechen ist laut Krankl verdient. "Man kann ihnen nicht vorwerfen, dass Portugal kein Tor geschossen hat. Sie standen in der Defensive ausgezeichnet, das war ihr gutes Recht. Trotzdem war es die offensivste EM aller Zeiten." Der Vergleich zwischen dem Europameister und der Situation in Österreich sei unzulässig, das gelte so nebenbei für alle Teams, die sich in Portugal vergnügen durften. "Wir haben nicht das Potenzial. Sie sind eine größere Nummer als wir, haben mit Panathinaikos, AEK oder Olympiakos Spitzenmannschaften." Kicker wie Dellas oder Charisteas, die bei ihren Klubs Roma und Bremen maximal sporadisch eingesetzt wurden, "haben bewiesen, dass sie erste Wahl sind."
Krankl hat Portugal ungefähr so gemieden wie der Vegetarier den Schweinsbraten, nur ein Match, jenes zwischen England und Kroatien (4:2), hat er sich live gegeben, den Rest haben Beobachter erledigt. Dieses Verhalten hat ihm einen Rüffel von Friedrich- Stickler eingebracht und nicht nur von dem. Der ÖFB-Präsident meinte am Sonntag im ORF-Fernsehen: "Der Teamchef ist in seinen Entscheidungen weitgehend autonom. Ich kann ihn nicht nach Portugal beordern. Aber es birgt für ihn ein gewisses Risiko. Mich hätte es nicht gestört, wenn er viel mehr Spiele gesehen hätte. Er hätte alle Möglichkeiten gehabt."
Krankl wehrte sich nicht wirklich: "Stickler ist mein Arbeitgeber und Vorgesetzter. Er hat das Recht, mich zu kritisieren, das ist korrekt." Dennoch habe er, Krankl, den für ihn richtigen Weg eingeschlagen. "Auch wenn es die Presse nicht so sieht. Warum hätte ich mich dort wichtig machen sollen? Das lenkt von der Arbeit ab."
Ob sich Krankl von seinen Trainerkollegen Strategien abgeschaut hat, wird sich weisen. Er selbst hält Otto Rehhagel "für einen großartigen Menschen", der sich den Erfolg "absolut verdient" hat. "Man muss immer alle Kollegen beobachten, von ihnen lernen und daraus seinen persönlichen Stil kreieren."