Berlin/Wien - Ungeachtet ihrer großen inhaltlichen Differenzen in der Arbeits- und Sozialpolitik haben die deutschen Sozialdemokraten und die Gewerkschaften ihren Willen zu gemeinsamen Lösungen bekräftigt. Die Gewerkschaften begannen am Dienstag in Berlin Beratungen über ihr künftiges Vorgehen. Beobachter erwarteten, dass sich der Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) auf eine kritische Linie gegenüber der rot-grünen Regierung festlegt und Nachbesserungen bei der Arbeitsmarktreform fordert.

Der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft "ver.di", Frank Bsirske, sagte vor Beginn der Sitzung, man sei "daran interessiert, dass das soziale Profil der Regierung geschärft wird". Ein Spitzentreffen von SPD und Gewerkschaften am Montagabend hatte keine Annäherung gebracht. DGB-Präsident Michael Sommer sagte, die SPD habe sich nicht auf die Gewerkschaften zubewegt. SPD-Vorsitzender Franz Müntefering betonte, man liege bei den Reformen richtig. Nach Angaben von Teilnehmern hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder beim SPD-Gewerkschaftsrat mit einem Wutausbruch auf die neuerliche Kritik an seiner "Agenda 2010" reagiert. Schröder verließ das dreistündige Treffen nach einer Stunde.

Keine Hilfe für Linke <&b>

Einigkeit bestand aber bei der Positionierung gegenüber der neu gegründeten "Wahlalternative für soziale Gerechtigkeit" (ASG). Seitens des DGB werde es für die ASG, die die Gründung einer Linkspartei plant, keine Unterstützung geben, so SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter.

Der Chef der bayerischen IG-Metall, Werner Neugebauer, ist aber trotz aller Bekundungen davon überzeugt, dass die Eiszeit zwischen SPD und DGB andauern werde. Solange Bundeskanzler Schröder nicht kompromissbereit sei, gebe es keine Annäherung, sagte Neugebauer am Dienstag zum STANDARD. "Wir sind ja kein Kanzlerwahlverein. Die Gewerkschaftsmitglieder erwarten von uns, dass wir deutlich sagen, was uns nicht passt", so der Gewerkschaftsboss.

Der "einzige Weg einer Annäherung zwischen DGB und SPD wäre ein gigantischer Aufstand" innerhalb der SPD gegen den Reformkurs Schröders, den er sich allerdings nicht wünsche. Dieser Aufstand werde aber frühestens nach der verlorenen Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Mai 2005 kommen, so Neugebauer. (and, Reuters/DER STANDARD, Printausgabe, 7.7.2004)