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Der "Krebsmaus" schleusten Wissenschafter der Universität Harvard das Onko-Gen ein - ein menschliches Krebsgen, durch das die Nager frühzeitig und häufig Tumore entwickeln.

Foto: Reuters/HO

München - Das Europäische Patentamt (EPA) in München hat am Dienstag das strittige europäische Patent auf die so genannte "Krebsmaus" bestätigt. Allerdings eingeschränkt: Das Patent dürfe sich künftig nur mehr auf entsprechend gentechnisch veränderte Mäuse beziehen. Andere Nagetiere, wie Hamster oder Ratten, dürfen nicht mehr mit solchen Krebsgenen versetzt werden.

Mit der Entscheidung in zweiter Instanz hat das EPA erneut auf Beschwerden reagiert. Kritiker hatten gegen "Patente auf Leben" Einspruch erhoben - und dagegen, Tiere als "Erfindung" zu bezeichnen. Im November 2001 war das Patent erstmals im Kern bestätigt, jedoch von "alle Säugtieren" auf "nur Nagetiere" eingeschränkt worden mit der Begründung, die Krebsforschung experimentiere praktisch nur mit Nagetieren. Sechs der ursprünglich 17 Einspruchsparteien legten erneut Beschwerde ein.

Beim "Krebsmaus"-Patent Nummer EP 0169672 handelt es sich um das erste europäische Patent, das auf ein so genanntes transgenes Tier erteilt wurde. Das sind Tiere, denen mindestens ein Gen anderer Lebewesen eingepflanzt wurde. Der "Krebsmaus" schleusten Wissenschafter der Universität Harvard das Onko-Gen ein - ein menschliches Krebsgen, durch das die Nager frühzeitig und häufig Tumore entwickeln.

Alle Säugetiere

In den USA ist die "Krebsmaus" bereits seit 1988 patentiert. Um den möglichen kommerziellen Nutzen des Verfahrens zu steigern, wurde das Patent in Europa 1992 für "alle Säugetiere" genehmigt. Dem darauf folgenden erbitterten Streit zwischen Forschern, Umweltschützern, der Industrie und der Politik, ob nicht manipulierte Natur patentfähig sei, folgten die Diskussionen um die Patentierung menschlicher Gene sowie 2002 ein Streit zu Patentansprüchen auf Stammzellen.

Das Resultat: Patentansprüche auf menschliche wie tierische embryonale Stammzellen wurden gestrichen. Patente auf Gensequenzen von Mensch und Tier sind jedoch erlaubt: In Europa gibt es deren bereits über 1000. Was genmanipulierte Tiere wie die "Krebsmaus" betrifft, ist die gesetzliche Formulierung unklar und daher verschieden auslegbar. Das EPA konnte bisher 70 Patente auf Tiere und Tierarten erteilen.

Inhaber des "Krebsmaus"-Patents ist die US-Firma DuPont, die rund 1000 der Tiere jährlich züchtet. Der wirtschaftliche Erfolg des "Türöffners" für Patente auf Leben ist aber gering. Denn die "Krebsmaus" dient der Grundlagenforschung, in deren Rahmen Arzneien oder Krebs erregende Stoffe getestet werden. Neue Therapien hat sie noch nicht gebracht.

Kritiker sehen daher in der Bestätigung des Patents die Bestätigung einer immer lauter werdenden Geisteshaltung, die wirtschaftliche Interessen zum Maß aller Dinge macht. Wie Christoph Then, Genetikexperte von Greenpeace Deutschland, betont: "Wenn nur große Firmen bestimmte Reissorten züchten können, weil Tantiemen an 30 Patentinhaber nötig sind, haben die Kleinen schlicht keine Chance." (Eva Stanzl/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8. 7. 2004)