Thomas Klestil wollte in seiner letzten Pressekonferenz, die für Montagvormittag dieser Woche geplant war, noch einmal ohne konkrete Nennung von Personen und Parteien, aber unmissverständlich auf seine Überzeugung hinweisen, dass die schwarz- blaue Koalition nicht seinen Vorstellungen von einer "stabilen Regierung mit hohem Ansehen im Ausland" entspreche. Er wollte außerdem noch einmal die Vorteile einer konsensualen Einbindung der Sozialpartnerschaft statt konfrontativer Regierungspolitik betonen.
In der außenpolitischen Passage seines Einleitungsstatements wollte er darlegen, dass Österreichs Rolle in Europa von einem guten nachbarschaftlichen Verhältnis zu den Reformstaaten in Osteuropa und auf dem Balkan sozusagen definiert sei.
Diese Grundzüge sind in einem Konzept enthalten, das Klestil mit seinen Mitarbeitern erarbeitete und das sich in einer Aktentasche befand, die er in die Hofburg mitnehmen wollte, ehe ihn Montag früh der Herzstillstand ereilte. Ebenfalls in der Tasche befand sich der Text der etwa 20-minütigen Rede, die Klestil zu seiner Verabschiedung im Parlament halten wollte. Inhaltlich ist sie mit dem Konzept für die Pressekonferenz weit gehend identisch. Die beiden Texte wurden auf Wunsch von Klestils Witwe bisher nicht veröffentlicht, der Standard erhielt aber Informationen über die wichtigsten Passagen.
Klestil wollte in der Pressekonferenz, die er auch als eine Art Rechtfertigung für die zwölf Jahre seiner Amtszeit empfand, durch den Hinweis auf seine Grundsätze ("stabile Regierung mit hohem Ansehen") signalisieren, dass er sich in seiner Skepsis gegenüber Schwarz-Blau bestätigt sah, besonders angesichts der Turbulenzen in der FPÖ. Er musste natürlich mit konkretisierenden Nachfragen rechnen, auf die eine offene Antwort zu geben ihm wieder Ärger mit dem Kanzler eingebracht hätte. Entsprechend angespannt soll er schon das ganze Wochenende über gewesen sein, ehe er knapp vor der Fahrt in die Hofburg in seiner Hietzinger Villa zusammenbrach. (DER STANDARD, Printausgabe, 9.7.2004)