Das Medienpaket, das unter anderem eine neue Aufsicht über den ORF bringt, ist am Freitag im Parlament beschlossen worden. Die Novelle des Privatfernsehgesetzes, des Privatradiogesetzes, des KommAustria-Gesetzes und des ORF-Gesetzes wurde mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ verabschiedet. Die Oppositionsparteien hatten inhaltliche Bedenken und kritisierten die Eile bei der Beschlussfassung. Darüber hinaus wurde mit einem Entschließungsantrag ein neuer Anlauf für eine unabhängige Medienbehörde gestellt, dem auch die Grünen zustimmten.
Vor Sommerpause
Erst diese Woche hatten sich ÖVP und FPÖ endgültig auf das Medienpaket geeinigt und einen Parlamentsbeschluss vor der Sommerpause angestrebt. Der zuständige Verfassungsausschuss aber tagte nicht mehr, denn die SPÖ sah "keinen Grund zur Hektik". Daher wurde die Materie am letzten Tag vor der Sommerpause mittels Fristsetzungsantrag zur Behandlung gebracht.
Glawischnig: "Unglaubliche Vorgangsweise"
SPÖ und Grüne waren darüber auch am Freitag noch aufgebracht: Für SP-Mediensprecher Josef Cap war die Eile "unverständlich", die Grüne stellvertretende Bundessprecherin Eva Glawischnig sah eine "unglaubliche Vorgangsweise".
Cap: "Metternichbehörde"
Doch auch inhaltlich waren die Oppositionsparteien nicht einverstanden mit dem Paket. Cap bezeichnete die Medienbehörde, die künftig beobachten soll, ob sich der ORF an die Werberegeln hält, wieder einmal als "Metternichbehörde" und warnte, dem ORF würde "die materielle Grundlage massiv entzogen". Die dem Bundeskanzler unterstellte KommAustria könne künftig "wirtschaftlichen Druck" auf den ORF ausüben. Glawischnig vermisste eine Klarstellung, auf welcher Basis die KommAustria agieren werde, sowie eine Kalkulation der Kosten dieser neuen Bestimmung. Darüber hinaus werde in den neuen Bestimmungen des Privatradiogesetzes der Aspekt der Vielfalt vernachlässigt. Ein Rückverweisungsantrag von SPÖ und Grünen an den Verfassungsausschuss fand indes keine Mehrheit.
ÖVP: "Stabile Rahmenbedingungen für Unternehmen"
"Dringend notwendig" sind die Novellen nämlich nach Ansicht von ÖVP und FPÖ, wie Ulrike Baumgartner-Gabitzer (V) unterstrich. Es gehe schließlich "um stabile Rahmenbedingungen für Unternehmen". Dass die KommAustria nun ORF und Private beobachtet, sei "nur fair und im Sinne aller Marktbeteiligten".
Bleckmann: "Wenn man sich an Gesetze hält, braucht man keine Angst vor materiellem Druck zu haben"
Magda Bleckmann (F) sah keinen Grund zur Sorge beim ORF: "Wenn man sich an Gesetze hält, braucht man ja keine Angst vor materiellem Druck zu haben". Sie strich die Neuerungen bei der Popularbeschwerde hervor: Wie viele Unterschriften für eine Beschwerde über den ORF beim Bundeskommunikationssenat nötig sind, war ja lange Zeit Streitpunkt zwischen ÖVP und FPÖ. 120 Unterschriften von Personen, die in einem ORF-Gebühren zahlenden Haushalt leben, sind künftig Voraussetzung – für Bleckmann eine deutliche Verbesserung. Auch die neue Regelung, wonach TV-Sender, die sexuelle Inhalte "unreflektiert" darstellen, ihr Programm in Zukunft verschlüsseln müssen, wurde von ihr begrüßt.
Digitalisierung
Medienstaatssekretär Franz Morak (V) ersuchte Cap, "nicht alles zu denunzieren, was sich bewegt". Es gehe darum, den Medienstandort voranzutreiben, "ich glaube, wir liegen hier ganz gut". Wesentlicher Punkt im Medienpaket sei auch die Digitalisierung der österreichischen Fernsehlandschaft, betonte er.
Den Vorwurf der "Metternichbehörde" wollten ÖVP und FPÖ jedenfalls nicht auf sich – bzw. der KommAustria – sitzen lassen. Schließlich habe die SPÖ zwei Mal ihre Zustimmung zu einer unabhängigen Behörde, für die eine Zweidrittelmehrheit nötig ist, verweigert. Die beiden Regierungsparteien brachten denn auch am Freitag einen Entschließungsantrag ein, indem die Bundesregierung aufgefordert wird, einen Gesetzesvorschlag für eine unabhängige Behörde vorzulegen. Dieser Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ und Grünen angenommen, die SPÖ war nicht dafür.
VÖZ: "Wichtige Weichenstellung"
Der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) begrüßte den heutigen Beschluss der Novelle zum KommAustria-Gesetz als "wichtige Weichenstellung". Das regelmäßige Monitoring und das Anzeigerecht für die Behörde seien "medienpolitisch dringlich", so VÖZ-Präsident Franz Ivan in einer Aussendung. Nun hoffe man auf eine rasche Umsetzung.
Zinggl angelobt
Angelobt wurde am Freitag übrigens der neue Grüne Abgeordnete Wolfgang Zinggl, früher Mitglied im ORF-Stiftungsrat. Er folgt auf Eva Lichtenberger, die ins EU-Parlament wechselt. Zinggl löst Glawischnig als Kultursprecher der Grünen ab. (APA)