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Neuer CIA-Chef McLaughlin will Fehler nicht wiederholen.

Reuters/SHAUN HEASLEY
Washington - Der US-Senat hat dem Geheimdienst CIA gravierende Fehleinschätzungen der irakischen Waffenarsenale im Vorfeld des Krieges vorgeworfen. In einem am Freitag in Washington vorgelegten Untersuchungsbericht konstatiert der Geheimdienstausschuss des Oberhauses, dass die CIA in einer Analyse im Oktober 2002 ihre Darstellung der irakischen ABC-Waffenarsenale überzogen oder nicht durch Fakten abgesichert habe. Der demokratische Vize-Ausschussvorsitzende Jay Rockefeller folgerte, der Kongress hätte der Militäraktion im Irak niemals zugestimmt, "hätten wir gewusst, was wir heute wissen".

Der 511-seitige Bericht kommt aber auch zu dem Schluss, es gebe keine Beweise dafür, dass die CIA von Vizepräsident Dick Cheney oder anderen höheren Instanzen unter Druck gesetzt worden sei, eine Begründung für die Invasion in Irak zu liefern. Jedoch wurde auf Betreiben der im Senat dominierenden Republikaner in dem Bericht unter anderem die Frage ausgespart, ob die Bewertungen des Geheimdienstes nicht möglicherweise nachträglich von der Regierung weiter zugespitzt wurden, um die Öffentlichkeit von der Notwendigkeit des Krieges zu überzeugen. Dieser Frage soll in einer getrennten Untersuchung nachgegangen werden, deren Ergebnis voraussichtlich nicht vor der Präsidentschaftswahl am 2. November vorliegen wird.

Bush bleibt in Untersuchungsbericht verschont

US-Präsident George W. Bush ist unter erheblichen Druck geraten, nachdem die angeblichen Massenvernichtungswaffen im Irak nicht gefunden wurden. Der republikanische Ausschussvorsitzende Pat Roberts sagte, Bush sei vor dem Krieg von den Geheimdiensten die Fehleinschätzung übermittelt worden, dass der damalige irakische Machthaber Saddam Hussein im Besitz biologischer und chemischer Waffen sei und noch innerhalb des Jahrzehnts eine Atomwaffe bauen könne. Roberts Kollege Rockefeller sagte allerdings, die Geheimdienstexperten hätten ihre Analysen zu einem Zeitpunkt abliefern müssen, als hohe Regierungsvertreter bereits in der Öffentlichkeit eindeutige Schlussfolgerungen über die irakischen Waffen gezogen hätten. Insofern habe es "ein Umfeld intensiven Drucks" auf die Geheimdienstler gegeben, bemerkte der Demokrat.

Besonders harsche Kritik wurde an dem am kommenden Sonntag aus dem Amt scheidenden CIA-Direktor George Tenet geäußert. Tenet habe Empfehlungen an Spitzenpolitiker mit der Sicht des CIAs manipuliert und abweichende Meinungen anderer Geheimdienste verdrängt. Seine größte Fehlleistung sei, dass er die Rede von Präsident Georg W. Bush zur Lage der Nation 2003 nicht persönlich überprüft und schon damals umstrittene Behauptungen über irakische Urankaufversuche in Afrika nicht gestrichen habe.

Das in einjähriger Arbeit erstellte Dokument wurde einen Tag vor dem offiziellen Ausscheiden von Tenet veröffentlicht. Tenet hat für seinen Rücktritt familiäre Gründe angeführt. Viele US-Kommentatoren sehen in ihm aber ein Bauernopfer weniger als vier Monate vor der Präsidentschaftswahl. In einer Abschiedszeremonie am Donnerstagabend (Ortszeit) am CIA-Sitz bei Washington forderte Tenet die Behörde auf, sich von der derzeitigen Debatte nicht entmutigen zu lassen. Die Öffentlichkeit werde letztlich die "Schwierigkeiten und Begrenzungen", denen die Arbeit des Geheimdienstes unterliege, anerkennen und dessen Arbeit zu würdigen wissen.

Die CIA wird in nächster Zeit vorübergehend von Tenets bisherigem Stellvertreter John McLaughlin geleitet, bis ein Nachfolger bestellt wird. Dieser gab inzwischen ernsthafte Mängel bei seiner Aufklärung vor dem Krieg gegen den Irak zu. Zugleich verteidigte er seine Behörde, weil das Sammeln von Geheimdienstinformationen oft mit Risiken behaftet sei und dabei auch Fehler passieren könnten. Es seien Schritte unternommen werden, damit sich diese Fehler nicht mehr wiederholten, sagte McLaughlin. (APA/dpa)