Der 511-seitige Bericht kommt aber auch zu dem Schluss, es gebe keine Beweise dafür, dass die CIA von Vizepräsident Dick Cheney oder anderen höheren Instanzen unter Druck gesetzt worden sei, eine Begründung für die Invasion in Irak zu liefern. Jedoch wurde auf Betreiben der im Senat dominierenden Republikaner in dem Bericht unter anderem die Frage ausgespart, ob die Bewertungen des Geheimdienstes nicht möglicherweise nachträglich von der Regierung weiter zugespitzt wurden, um die Öffentlichkeit von der Notwendigkeit des Krieges zu überzeugen. Dieser Frage soll in einer getrennten Untersuchung nachgegangen werden, deren Ergebnis voraussichtlich nicht vor der Präsidentschaftswahl am 2. November vorliegen wird.
Bush bleibt in Untersuchungsbericht verschont
US-Präsident George W. Bush ist unter erheblichen Druck geraten, nachdem die angeblichen Massenvernichtungswaffen im Irak nicht gefunden wurden. Der republikanische Ausschussvorsitzende Pat Roberts sagte, Bush sei vor dem Krieg von den Geheimdiensten die Fehleinschätzung übermittelt worden, dass der damalige irakische Machthaber Saddam Hussein im Besitz biologischer und chemischer Waffen sei und noch innerhalb des Jahrzehnts eine Atomwaffe bauen könne. Roberts Kollege Rockefeller sagte allerdings, die Geheimdienstexperten hätten ihre Analysen zu einem Zeitpunkt abliefern müssen, als hohe Regierungsvertreter bereits in der Öffentlichkeit eindeutige Schlussfolgerungen über die irakischen Waffen gezogen hätten. Insofern habe es "ein Umfeld intensiven Drucks" auf die Geheimdienstler gegeben, bemerkte der Demokrat.
Besonders harsche Kritik wurde an dem am kommenden Sonntag aus dem Amt scheidenden CIA-Direktor George Tenet geäußert. Tenet habe Empfehlungen an Spitzenpolitiker mit der Sicht des CIAs manipuliert und abweichende Meinungen anderer Geheimdienste verdrängt. Seine größte Fehlleistung sei, dass er die Rede von Präsident Georg W. Bush zur Lage der Nation 2003 nicht persönlich überprüft und schon damals umstrittene Behauptungen über irakische Urankaufversuche in Afrika nicht gestrichen habe.
Das in einjähriger Arbeit erstellte Dokument wurde einen Tag vor dem offiziellen Ausscheiden von Tenet veröffentlicht. Tenet hat für seinen Rücktritt familiäre Gründe angeführt. Viele US-Kommentatoren sehen in ihm aber ein Bauernopfer weniger als vier Monate vor der Präsidentschaftswahl. In einer Abschiedszeremonie am Donnerstagabend (Ortszeit) am CIA-Sitz bei Washington forderte Tenet die Behörde auf, sich von der derzeitigen Debatte nicht entmutigen zu lassen. Die Öffentlichkeit werde letztlich die "Schwierigkeiten und Begrenzungen", denen die Arbeit des Geheimdienstes unterliege, anerkennen und dessen Arbeit zu würdigen wissen.