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Trauer und Schaulust: Nicht alle kamen zum Stephansdom, um ausschließlich Thomas Klestil zu gedenken.

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"Er dürfte schon ein guter Bundespräsident gewesen sein." Frank Keßler ist erst vor vier Monaten aus Fulda (Deutschland) nach Wien gezogen. Die paar Momente, in denen ihm Staatsmann Thomas Klestil aufgefallen ist, seien positiver Natur gewesen.

Aber schon vorher habe er von Klestil gehört - auch das sei nur Gutes gewesen. Deshalb ist er auch am Samstagvormittag in den Stephansdom zum Requiem gekommen. Sein Eindruck von den Trauerfeiern der letzten Tage: "Ich habe Wien um einiges ruhiger gefunden als sonst." Das Requiem sei dem Rahmen angemessen, wobei es im Vergleich zum Begräbnis von Kardinal Franz König "verhaltener" ablaufe, sagte der Deutsche im STANDARD-Gespräch.

Auch Sergei Dubkov, Student aus Weißrussland, hat ein gutes Bild von Klestil: Dieser sei ein wahrhaft großer Politiker, ein ausgezeichneter Diplomat gewesen, geriet er schnell ins Schwärmen. Der Verstorbene sei auch in Dubkovs Heimatland ein bekannter Mann gewesen. Da er nun in Wien studiert, habe er für sich auch beschlossen, Klestil zu verabschieden, erklärte der Weißrusse.

Abschied nehmen wollte auch die Pensionistin Friederike Rafeiner. Sie ist in den Stephansdom gekommen, obwohl ihr nicht alles, was sie in den letzten Tagen über Klestil sehen und hören musste, gefallen habe: "Manches war total übertrieben. Die ganzen Privatsachen wie die Scheidung - das gehört doch nicht in die Öffentlichkeit. Wie viele wiederverheiratete Geschiedene gibt's denn überhaupt in Österreich?" Wobei für sie beim verstorbenen Bundespräsidenten Klestil trotzdem eines gilt: "Um in Erinnerung zu bleiben, ist nichts zu viel."

Dass es Heinz Meyer auf den Stephansplatz verschlagen hat, war hingegen Zufall: "Ich vertreibe mir einfach ein bisschen die Zeit", erzählte er. Meyer hatte sich knapp vor der Absperrung beim Haupteingang des Domes postiert. Er wartete, wie viele andere auch, auf die prominenten Trauergäste.

"Wissen Sie, was ich als sehr interessant empfinde?", fragt er: "Diese Möglichkeit, fast hautnahe an die Prominenz heranzukommen. In anderen Ländern, etwa in Deutschland, hätten sie alles wahrscheinlich großflächig abgesperrt." In Österreich gebe es noch ein "vernünftiges Verhältnis" bei den Sicherheitsmaßnahmen: "Es ist angenehm, dass wir uns hierzulande dies noch leisten können." (pm/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.7.2004)