Schon lange sagt man dem 76-jährigen Premier und dem 80-jährigen Oppositionschef nach, dass sie ganz scharf auf eine neue Beziehung seien. Gerade deshalb mussten Ariel Sharon und Shimon Peres sich gleichgültig geben und die Gerüchte, dass alles insgeheim schon abgesprochen sei, immer wieder dementieren.

Doch mit dem ersten offiziellen Kontaktgespräch, zu dem sich Peres am Sonntagabend in Sharons Residenz einfand, scheinen nun alle Hemmungen überwunden zu sein. Sharon hat die Sozialdemokraten zur Regierungsbeteiligung eingeladen, und Peres wollte sich am Montag von seiner Arbeiterpartei die Ermächtigung holen, formale Koalitionsverhandlungen aufzunehmen.

Die Motivation liegt für beide Seiten darin, dass nur mit vereinten Kräften Sharons Rückzugsplan umgesetzt werden kann. Im Moment wurstelt Sharon sich mit einem Minderheitskabinett durch, nachdem rechtsgerichtete Minister, die den Rückzug ablehnten, zurückgetreten sind oder gefeuert wurden.

Haim Ramon, einer der führenden Köpfe der Arbeiterpartei, engagiert sich schon seit Monaten für eine große Koalition, "weil der Premier die historische Entscheidung getroffen hat, dass wir aus dem Gazastreifen abziehen und dort die Siedlungen auflösen - das ist die Basis". Hinzu kommt, dass die beiden alten Parteichefs persönlich nicht an baldigen Neuwahlen interessiert sein können, weil sie damit in Gefahr kämen, den Platz des Spitzenkandidaten an jüngere Rivalen zu verlieren.

Man rechnet nun mit einer relativ raschen Einigung, obwohl sich in beiden Parteien lautstarke Rebellengruppen organisieren. Die Rückzugsgegner im Likud ziehen natürlich rechte oder religiöse Partner vor. Der linke Flügel der Arbeiterpartei predigt, man solle die Regierung Sharon stürzen, statt sie zu retten.

Postenverteilung

Zudem wird es schwierig sein, sich auf eine wirtschafts-und sozialpolitische Linie zu einigen, denn Finanzminister Benjamin Netanyahu fährt ein Sanierungs- und Sparprogramm, das von der Linken ständig mit Misstrauensanträgen bombardiert wird. Die meiste Kreativität wird aber für die Postenverteilung aufgebracht werden müssen, die auch für die Palästinenser-und Verhandlungspolitik prägend sein kann.

In den drei Schlüsselressorts - Äußeres, Verteidigung und Finanzen - sitzen die drei Likud-Bonzen Shalom, Mofas und Netanyahu, und es ist unklar, wie Sharon da Platz für Peres schaffen soll. Einer Version nach könnte Peres zu einer Art "Friedensminister" oder "Verhandlungsminister" ernannt werden. (DER STANDARD, Printausgabe, 13.7.2004)