Berlin - Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz will angesichts der Debatte über die umstrittene Dauerausstellung der Flick-Sammlung in Berlin die Geschichte des NS-Rüstungslieferanten Friedrich Flick und seiner Familie untersuchen lassen. Das Institut für Zeitgeschichte in München werde dabei auch die Rolle Flicks im Nationalsozialismus erforschen, teilte Stiftungspräsident Klaus- Dieter Lehmann am Dienstag in Berlin nach einer ersten Besichtigung des Ausstellungshauses am Museum für Gegenwart Hamburger Bahnhof mit. Die Ausstellung wird am 21. September eröffnet.

Flick stellt Unterlagen zur Verfügung

Flick werde alle notwendigen Unterlagen für die Studie zur Verfügung stellen, sagte Lehmann. Ob der Bericht unter Federführung von Institutsleiter Horst Möller veröffentlich wird, blieb offen. Mit diesem Auftrag leiste die Stiftung einen Beitrag zur Debatte über die Sammlung des Flick-Enkels Friedrich Christian Flick mit 2.500 Werken aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Dazu gehören Arbeiten bedeutender zeitgenössischer Künstler wie Bruce Naumann, Francis Picabia, Nam June Paik und Cindy Sherman.

Die Sammlung wird als Leihgabe für zunächst sieben Jahre in einer eigens umgebauten Halle neben dem Museum ausgestellt. Die Renovierungskosten in Höhe von sieben Millionen Euro trägt der in der Schweiz lebende Mäzen. Auf einer Fläche von 13.000 Quadratmetern soll im jährlichen Wechsel die gesamte "Flick Collection" gezeigt werden. Vom 22. September bis 23. Jänner 2005 soll zunächst ein Querschnitt der Flick-Sammlung präsentiert werden.

"Reizkampagne"

Als "polemisch" und Teil einer "Reizkampagne" wies Lehmann Vorwürfe von Salomon Korn und Michael Fürst aus dem Zentralrat der Juden in Deutschland zurück, die Sammlung sei mit dem "Blutgeld" aus dem Flick-Vermögen bezahlt worden. Flick war einer der wichtigsten Rüstungslieferanten Hitlers und beschäftigte Tausende von Zwangsarbeitern. Der Flick-Konzern kontrollierte die Montanwerke der besetzten Länder Europas. 1947 wurde Flick in Nürnberg zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt und 1950 vorzeitig entlassen.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) verteidigte die Übernahme der Sammlung. Vor einer Entscheidung habe er sich unter anderem mit Mitgliedern der jüdischen Gemeinde und anderen Sammlern beraten, jedoch von deren Meinung nicht sein Votum abhängig gemacht. Es gebe angesichts der Debatte keinen Grund, auf die Ausstellung zu verzichten. "Ich habe keine Scheu, das Thema öffentlich zu diskutieren", sagte Wowereit. Allerdings hätten Einzelmeinungen zu Flick eine teilweise zu große Bedeutung bekommen.

Trennung zwischen Kunst und Geschichte

Die Ausstellungsbesucher sollen eine kostenlose Zeitung mit einem Flick-Interview erhalten, in dem der Mäzen seine Haltung zur Familiengeschichte, Entnazifizierung und seinem Verhältnis zur Kunst darstellt. Hinweise zum Umsprung des Flick-Vermögens sollen in der Ausstellungshalle nicht auftauchen, sagte Lehmann. Damit werde strikt zwischen der Geschichte Flicks und der Kunst getrennt.

Die Präsentation der "Flick Collection" werde keine eigenständige Ausstellung als "Flick-Museum" sein, sondern in das Museum für Gegenwart eingebunden, sagte der Generaldirektor der Staatlichen Museen Berlin, Peter-Klaus Schuster. Damit sichere sich das Museum seine Eigenständigkeit gegenüber dem Sammler. (Apa)