Seit Jahren beobachten liberale Kirchenkenner mit Misstrauen, wie sich in der Diözese St. Pölten ein extrem konservatives Netzwerk entwickelt hat. Dass dies nur mit Duldung von Bischof Kurt Krenn geschehen konnte, liegt auf der Hand. Wie intensiv er es persönlich gefördert hat, lässt sich zweifelsfrei nicht feststellen. Fest steht jedenfalls, dass Krenn immer wieder Kleriker in Führungspositionen geholt hat, deren Naheverhältnis zu extrem rechten, fundamentalistischen Organisationen offenkundig ist.

So ernannte Krenn nach dem Rücktritt des Priesterseminarleiters Ulrich Küchl, der auf den "Weihnachtsfeierfotos" in homosexuellen Posen zu sehen war, vor einigen Tagen einen Mann, dem in der Kirchenszene ein Ruf wie Donnerhall voraneilt: Der neue Regens Werner Schmid wird vom Journalisten und Buchautor Thomas M. Hofer als Anhänger des rechtslastigen "Werk Mariens" bezeichnet. Hofer hat in seinem Buch "Gottes rechte Kirche" auf den "Vormarsch der katholischen Fundamentalisten" nicht nur in Österreich aufmerksam gemacht.

Umstrittene Wahl

Pater Udo Fischer, intimer Kenner der St. Pöltener Diözese, bezeichnet Schmid als "Mann von Krenns Gnaden". Aufgetaucht war Schmid im Jahr 1992, als er in St. Pölten ein ehemaliges Wirtshaus erwarb und darin ein Wohnheim für Priesterseminaristen einrichtete, denen es im Seminar zu liberal herging Schmid zahlte damals 470.000 Euro und führte ein strenges Regiment ein, das spätestens mit der Bestellung Küchls auch im Priesterseminar Einzug halten sollte - war Küchl doch ein Mann nach Krenns und Schmids Geschmack.

In der Diözese St. Pölten hat sich auch die Priesterbruderschaft St. Pius X. eingenistet. Die reaktionäre Gegenbewegung, die von der Kirche offiziell nicht anerkannt wird, hat sich ganz der Glaubensauffassung ihres Gründers, des 1991 verstorbenen französischen Erzbischof Marcel Lefebvre verschrieben. Lefebvre hatte die Bewegung 1970 aus Protest gegen die verwerflichen, weil liberalen Ergebnisse des Zweiten Vatikanischen Konzils gegründet. Die Anhänger lesen die Messen nach dem vor dem 2. Vatikanum üblichen Ritus, einer ihrer glühendsten Brüder ist FP-Volksanwalt und Krenn-Freund Ewald Stadler. Der drohte einmal gar mit einem Volksbegehren gegen die Kirchensteuer, weil er seinen Obolus an die Bruderschaft entrichtet hatte - damals musste Bischof Krenn persönlich ausrücken, um Stadler zu beruhigen.

Diener Jesu und Mariä

Aus fragwürdigen Wurzeln sprossen auch zwei der drei neuen Orden, die Bischof Krenn in seiner Silvesterpredigt 1995 stolz vorstellte. Die "Servi Jesu et Mariae", die "Gemeinschaft vom Hl. Josef" und die "Gemeinschaft des Seligpreisungen" verfügen über eine kräftige fundamentalistische Grundierung. Für die "Servi" ist die römische Kommission "Ecclesia Dei" zuständig, die sich um traditionalistische Gruppen kümmert. Die 40 Mitglieder zählende "Servi" erwarb 1994 Schloss Auhof in Blindenmarkt bei Amstetten. Ihrem Generaloberen Andreas Hönisch wird eine Nähe zum Engelwerk nachgesagt, das als fundamentalistischer Geheimbund innerhalb der katholischen Kirche gilt. In Augsburg, der Heimatgemeinde Hönischs, wurde seinen Dienern Jesu und Mariä die Weihe verwehrt. In St. Pölten hatte man solche Bedenken nicht.

Der zweite Orden, die "Gemeinschaft vom Heiligen Josef", umfasste zunächst 20 Mitglieder und richtete sich in Kleinhain in eben jenem Haus ein, das der neue St. Pöltener Regens Schmid erworben hatte - aus Spendengeldern seines Ordens. Bereits 1993 protestierte die dortige Pfarrgemeinde, die im neuen Heim ein Ausbildungswerk für dem Engelwerk nahe stehende Priester sah. Krenn wiegelte ab: "Wenn Gott es will", sei Schmids Haus "eine Verstärkung des Klerus".

Fundamentalistischer Geist Auf jeden Fall entsprachen die Gründungen dem fundamentalistischen Geist, den auch die Legion Mariens verbreitete, die in einem weiteren guten Freund Krenns, Kardinal Hans Hermann Groer, einen mächtigen Beschützer und Förderer hatte. Die 30.000 Mitglieder umfassende Legion bezeichnet sich selbst als "Kampftruppe gegen die Welt und ihre dunklen Mächte", predigt Demut und Besinnung und hat sich ganz der marianischen Spiritualität verschrieben. Groer verstand sich durchaus als Kämpfer gegen die liberale Kirchenhierarchie, deren Entwicklung Kardinal Franz König forciert hatte - und als fanatischer Gegner einer weltoffenen Kirche. "Für Groer war König ein Ungläubiger, der die Kirche zerstört", erinnert sich ein Weggefährte beider und mittlerweile laisierter Priester. Darin war Groer unbedingt ein Bruder im Geiste Krenns, und wohin dieser Weg die Kirche in Österreich mittlerweile geführt hat, ist am Beispiel St. Pölten deutlich zu erkennen. (Samo Kobenter, Peter Mayr, DER STANDARD Printausgabe 16.7.2003)