In Birmingham, ebenfalls jahrzehntelange Hochburg der Linken mit zahlreichen muslimischen Bürgern, verteidigte Labour ihren Parlamentssitz - sie lagen mit nur 460 Stimmen Vorsprung (36,5 Prozent) aber extrem knapp vor den Liberaldemokraten (34,2). Auch dort waren die Konservativen (17,3) nur dritte Kraft. Die Ergebnisse in Leicester und Birmingham sind ein weiterer Rückschlag für Blair nach den schweren Stimmenverlusten bei der Europawahl und bei den Kommunalwahlen im Juni.
"Rechtfertigung falsch"
Die Liberaldemokratische Partei, die sich gegen den Irak-Krieg gestellt hatte, gewann in Leicester-Süd klar mit 34,9 Prozent der Stimmen. Labour kam mit 29,3 Prozent auf Platz zwei vor den Konservativen, die nur 19,7 Prozent erhielten. Der Sieger im Wahlbezirk, der liberaldemokratische Politiker Parmjit Singh Gill, erklärte, die Wähler hätten ihr Urteil über den Irak-Krieg abgegeben. "Die Behauptungen über Massenvernichtungswaffen waren übertrieben", sagte der in Leicester geborene Sikh. "Die Rechtfertigung, die Tony Blair für die Unterstützung George Bushs gab, war falsch." Blair habe das Vertrauen der Bevölkerung missbraucht und verloren.
Der Parteichef der Liberaldemokraten, Charles Kennedy, sagte am Freitag zu den Ergebnissen: "Das war eine hervorragende Nacht, eine absolut umwerfende Nacht. Ich denke, dass der Irak das große Thema war." Blairs Gesundheitsminister John Reid räumte ein, dass die Wahl Ausdruck des Protests gegen den Irak-Krieg war. In Leicester stellen Muslime rund 18 Prozent der Bevölkerung. Im Wahlbezirk Hodge Hill in Birmingham machen sie rund 14 Prozent der Einwohner aus.
Untersuchungsbericht zum Irak-Krieg
Die Nachwahlen folgten unmittelbar auf die Vorlage des britischen Untersuchungsberichts von Lord Butler zum Irak-Krieg. Darin war der Auslandsgeheimdienst MI6 für seine schlampige Arbeit kritisiert worden und indirekt auch die Regierung Blairs, die diese letztlich fehlerhaften Informationen als Begründung für den Krieg gegen Saddam Hussein benutzt hatte.