Wien - Ungewöhnlich offene Kritik am St. Pöltner
Diözesanbischof Kurt Krenn kommt von Kardinal Christoph Schönborn.
"Ich sehe nicht ein, warum die Katholiken und Katholikinnen sich das
antun müssen. Das war vermeidbar", sagte Schönborn am Dienstagabend
in der ORF-Sendung "Kreuz und Quer Spezial" zum Skandal um das
Priesterseminar St. Pölten. "Eine gewisse Enttäuschung" äußerte
Schönborn auch darüber, "dass Rom so lange zugewartet hat. Trotzdem
glaube ich, ist dieser Schritt (Einsetzung eines Visitators für St.
Pölten, Anm.) der richtige."
Die Bischofskonferenz und Nuntius Georg Zur hätten schon vor
Monaten darauf hingewiesen, dass in St. Pölten etwas "nicht richtig"
laufe. "Und es ist traurig, dass erst jetzt reagiert wird", so
Schönborn. Als er selbst vor Jahren die Priesterseminare geprüft
hätte, habe er noch über gute Verhältnisse, insbesondere in St.
Pölten, berichten können, erinnerte der Wiener Erzbischof.
Die Krise um das St. Pöltener Priesterseminar sei "ein klarer
Leitungsfehler". "Hier hat Bischof Krenn einfach seine Sorgepflicht
vernachlässigt, was die Kandidatenauswahl angeht", meint Schönborn.
Krenn sei "bewusst einen Sonderweg gegangen". Priesterseminaristen,
die in anderen Diözesen abgelehnt wurden, seien ohne Nachfrage
aufgenommen worden. "Wir haben Bischof Krenn deutlich gesagt, auch in
der Bischofskonferenz: Das geht so nicht."
"Es stimmt, dass es echte Probleme mit Bischof Krenn gibt",
gestand Schönborn ein. Gesundheitliche Probleme, sein teils
verletzender Stil "und das oft sehr unkommunikative in seinem
Führungsstil, bis hin zur jetzigen Situation wo praktisch keine
Führung mehr möglich ist in der Diözese. Aber ich glaube es gehört
einfach zum Evangelium dazu, dass wir nicht über andere richten,
sondern schauen: Wie steht es bei mir selber", meinte Schönborn
abschließend. (APA)