Wien - Verteidigungsminister Günther Platter hat am Dienstag ausgeschlossen, dass ein Hof seines neuen Amtssitzes - der Rossauer Kaserne - nach dem Generalstabsoberstleutnant Robert Bernardis benannt wird. Bernardis gehörte zum Kern der Gruppe rund um den Oberst im Generalstab Claus Schenk Graf von Stauffenberg, die am 20. Juli 1944 das - gescheiterte - Attentat auf Adolf Hitler versuchte. Bernardis wurde am 8. August 1944 gehängt. Eine Gedenktafel soll es geben, ließ der Minister nach einer Nachdenkpause verlauten. Wo diese angebracht wird, ist nicht entschieden.

Der Verteidigungsminister beruft sich auf die "Militärhistorische Denkmalkommission", die sich mit Anträgen auf Umbenennungen von Kasernen befasst hat und zu der Empfehlung gekommen ist, weder Bernardis noch Feldmarschallleutnant Johann Friedländer durch eine Kasernenbenennung zu ehren. Friedländer hatte an der Isonzofront gedient, dann das Bundesheer der Ersten Republik aufgebaut und war schließlich in den Ruhestand gedrängt worden, ehe er von den Nazis nach Theresienstadt und Auschwitz verschleppt und schließlich ermordet wurde.

Die Militärhistoriker argumentieren, Bernardis habe immerhin Auszeichnungen der Deutschen Wehrmacht erhalten und es stünden "betreffend Widerstand kaum Unterlagen zur Verfügung". Erst im Herbst soll bei einem Symposion an der Landesverteidigungsakademie die Sache noch einmal diskutiert (wahrscheinlich aber nicht mehr anders entschieden) werden.

Gleichzeitig läuft im Heeresgeschichtlichen Museum eine Ausstellung über "Tyrannenmord" (bis 5. September) - sie ist unter Heeresangehörigen umstritten, weil sie das soldatische Selbstverständnis infrage stellt. Direktor Manfried Rauchensteiner: "Da ist natürlich die Frage: Was ist höher zu bewerten - der Eid, oder die persönliche ethische Komponente?"

Diese Frage habe sich für alle Soldaten, speziell aber für Offiziere gestellt: "Die Befindlichkeiten und Empfindlichkeiten rühren daher, dass man jemanden, der sich im Widerstand engagiert hat, in die Kategorie der potenziellen Gegner, denen man den eingeforderten Korpsgeist abspricht, einreiht."

Während die Putschisten des 20. Juli 1944 immerhin eine gewisse Würdigung erfahren, sind die Deserteure und Selbstverstümmler niedrigerer Ränge bis heute diskriminiert, stellt die Historikerin Maria Fritsche fest, die der Frage in ihrem Buch "Entziehungen" (Böhlau Verlag) nachgegangen ist. Fritsche zum STANDARD: "Wenn die Offiziere des 20. Juli so hoch gelobt werden, so muss man doch auch sehen, dass sie keinen demokratischen Staat im Auge hatten - es wird ausgeblendet, dass sie selber gern ein autoritäres Regime gehabt hätten.

Aber: Sie zu loben war eben auch ein Gegenbild zum kommunistischen Widerstand, der in der Zweiten Republik nicht so hoch angesehen war." Die von der NS-Justiz gnadenlos verfolgten Deserteure niedrigeren Ranges sind noch heute benachteiligt: Als NS-Opfer gelten sie nur, wenn sie nachweisen können, aus rein politischen Gründen desertiert zu sein - was praktisch unmöglich ist. Fritsche: "Den einfachen Soldaten wird das Bewusstsein abgesprochen wie einer Schafsherde - dabei hat jeder, der nicht mitgemacht hat, einen kleinen Beitrag zur Niederlage Hitlers geleistet." (DER STANDARD Printausgabe 21. Juli 2004)