Denn Kunststaatssekretär Franz Morak (VP) beharrt auf Franz Welser-Möst. Den Salzburgern hingegen ist der Stardirigent als Intendant alles andere denn lieb. Man hält auch gar nichts davon, "ein Tandem" zu verpflichten, also Welser-Möst zusammen mit dem Regisseur Jürgen Flimm, der noch heuer für das Theaterprogramm verantwortlich ist, oder Christoph Lieben-Seutter, Chef des Wiener Konzerthauses. Gabi Burgstaller drückt dies diplomatisch aus, Bürgermeister Heinz Schaden sagt es unverblümt: "Wir suchen einen Chef. Und nicht zwei oder drei. Ich bin dagegen, dass Welser-Möst im Direktorium sitzt. Es gibt andere Möglichkeiten, ihn einzubinden."
Aber nicht nur die Sozialdemokraten sind einer Meinung: Auch der Bankier Heinrich Wiesmüller, Expräsident der Festspiele, spricht sich dagegen aus, dass ein viel beschäftigter Dirigent, verpflichtet in Cleveland wie an der Wiener Staatsoper, nebenbei Salzburg programmiert: "Wir wollen jemanden, der hier seinen Lebensmittelpunkt hat. Gerard Mortier war zwar mitunter ein Teufel, aber er hat das eingehalten." Er müsse natürlich nicht im Trachtenanzug durch die Getreidegasse spazieren, wie Staatsoperndirektor Ioan Holender kürzlich im STANDARD-Interview süffisant meinte: "Das ist keine Conditio - nicht einmal in erzkonservativen Kreisen."
Und Helga Rabl-Stadler, als Präsidentin der Festspiele eine Meisterin im Gewinnen von Sponsoren (Siemens gab am Freitag bekannt, sein Engagement in Salzburg zu verlängern), ergänzt: "Wir brauchen nicht jemanden, der noch nie ein Theater geleitet hat. Wir sind eben keine geschützte Werkstätte: Die Subventionen machen nur einen kleinen Teil des Budgets aus, wir müssen Konzepte entwickeln, wie wir die Jugend für Salzburg interessieren."
Einmischen in die Suche will sie sich aber nicht: Mit dieser Aufgabe wurde Wiesmüller betraut, der als Vertreter des Fremdenverkehrsfonds gegenwärtig der Vorsitzende des Festspielkuratoriums ist. Er ruft die gepriesene Karajan-Zeit in Erinnerung. Der Maestro habe, sagt Wiesmüller, nicht nur Harnoncourt verhindert: "Bernstein durfte nur alle paar Jahre ein Konzert dirigieren. Und Böhm durfte nicht ins große Festspielhaus. Er musste schon Geburtstag haben, um die Ariadne leiten zu dürfen. Also: So etwas brauchen wir nicht noch einmal."
Wiesmüller befürchtet aber genau dies: dass Welser-Möst zwar die alte Garde (Muti, Abbado) nach Salzburg hole, aber fast niemanden von den Jungen (abgesehen von Thielemann), auch die "Damen" nicht. Diesen Eindruck habe er jedenfalls gewonnen im Gespräch mit Welser-Möst. Sein Vorschlag daher: "Er soll große Aufgaben übernehmen: Er soll dirigieren."
Wer noch zur Wahl steht, will und darf er nicht sagen. Aber eines lässt er schon durchblitzen: dass alle jene, die sich schriftlich bewarben und infrage kämen, gegen einen Kointendanten Welser-Möst seien. Denn wer im Direktorium sitzt, hat de facto ein Vetorecht.
Für diese Argumente scheint der Staatssekretär aber bisher unzugänglich gewesen zu sein. In Salzburg ist man sogar ziemlich erbost über Morak. Weil er, so das Gerücht, bereits wenige Tage nachdem Ruzicka bekannt gegeben hatte, für eine Vertragsverlängerung nicht zur Verfügung zu stehen, Welser-Möst zugesichert haben soll, für ihn als Königsmacher zu fungieren. Ohne die Salzburger über seine Macher-Pläne in Kenntnis gesetzt zu haben.
Auch die Liste der zwölf Kandidaten, die sich auf die Ausschreibung hin schriftlich bewarben, sei sicher nicht von Salzburg an die Medien weitergegeben worden, sondern, so Schaden, vom Staats- sekretariat. Dieser ungeheuerlichen Indiskretion sei es zu verdanken, dass Peter Jonas, der "ein toller Mann für die Festspiele" gewesen wäre, seine Bewerbung zurückzog. Auch Michael Haefliger wäre zu haben gewesen, sagt Wiesmüller. Doch Wien hätte sich nicht gerührt. Und so verlängerte der Intendant des Lucerne Festivals unlängst seinen Vertrag bis 2010.
Warum nicht er, Wiesmüller, als Vermittler aktiv werde? Doch der Bankier winkt ab: Er habe Morak zwar immer das Wort geredet, nun werde ihm vom Staatssekretär aber bloß vorgeworfen, "mit den Roten zu packeln": "Morak hat vielleicht gedacht, ich bin pflegeleicht. Das bin ich auch. Aber ich habe eine andere Überzeugung: Gefragt ist nicht jemand, der den eigenen Glanz verbreitet, sondern jemand, der die anderen glänzen lässt." Also jemand wie Jürgen Flimm. Oder wie Klaus Bachler, der Burgtheaterdirektor.