Es gibt Persönlichkeiten – durchaus erfolgreiche Persönlichkeiten –, denen man es deutlich ansieht, dass sie den Rest der Menschheit für, gelinde gesagt, intellektuell unterlegen betrachten. Schon seit längerem reift der Verdacht, dass Wolfgang Schüssel, Bundeskanzler der Republik Österreich, zu einer ähnlichen Grundhaltung neigt. Dieser Verdacht näherte sich an jenem Vormittag der Gewissheit, als der Kanzler endlich bekannt gab, wen er als EU-Kommissar(in) zu nominieren gedenkt.

Diese Entscheidung war schon vom scheidenden Kommissar Fischler vor Wochen eingefordert worden.

Nun also Ferrero-Waldner. Diese (nicht sehr überraschende) Wahl wäre gesondert zu debattieren. Was hier interessiert, ist Schüssels Antwort auf die Frage, wer die Nachfolge im Außenministerium übernehmen soll. Der Kanzler sagte: "Darüber habe ich nicht einmal noch nachgedacht." Drei Interpretationen sind möglich: Er hat es wirklich nicht, das wäre fahrlässig. Oder er hält uns alle für Idioten, die ihm eine solche Aussage abnehmen. Oder er findet, sein Kandidat habe gefälligst vorher nicht diskutiert zu werden. Keine dieser Möglichkeiten gibt ein gutes Bild von Schüssels Regierungsstil. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.7.2004)