Polymere kubische Gitterstruktur: Alle Stickstoffatome sind mittels kovalenter Einfachbindungen aneinander gebunden.

Grafik: Max-Planck-Institut für Chemie
Mainz - Wissenschaftlern des Mainzer Max-Planck-Instituts für Chemie ist es gelungen, eine neue Form von Stickstoff herzustellen, die als Energiespeicher dienen könnte. Stickstoff, Hauptbestandteil der Luft, besteht gewöhnlich aus reaktionsträgen Molekülen, in denen zwei Atome dreifach aneinander gebunden sind. Den Wissenschaftlern ist es jedoch gelungen, eine polymere kubische Form herzustellen, in der alle Stickstoffatome mittels Einfachbindungen aneinander gebunden sind, berichtet die Max-Planck-Gesellschaft.

Das neue Stickstoffpolymer ist damit ähnlich wie Kohlenstoff im Diamanten. Diese kubische Form hat man bisher bei keinem anderen Element gefunden. Sie hat einzigartige Eigenschaften wie zum Beispiel einen Energieinhalt, der fünfmal größer ist als der der stärksten nichtnuklearen Sprengstoffe. Forscher hatten bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten vorausgesagt, dass es auch einfach gebundenen Stickstoff gebe. Den Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Chemie ist die Herstellung nun erstmals gelungen. Sie synthetisierten polymeren Stickstoff direkt aus zweiatomigem Stickstoff bei Temperaturen oberhalb von 2.000 Grad Kelvin und Drücken von über 110 Gigapascal.

Reaktionsträger Stoff

Zweiatomiger Stickstoff ist ein reaktionsträger Stoff, weil seine Dreifachbindung eine der stabilsten chemischen Bindungen ist, die in der Wissenschaft bekannt ist. Im Gegensatz dazu bilden Stickstoffatome, die mit Einfachbindungen in ein polymeres Netz gebunden sind, ein Material mit hoher Energiedichte. Dies liegt daran, dass bei Stickstoff eine einzigartig große Energiedifferenz zwischen einer Einfachbindung und dem Drittel einer Dreifachbindung besteht. Deshalb wird beim Übergang von der einfach zur dreifach gebundenen Form sehr viel Energie freigesetzt, etwa fünfmal mehr als bei den gefährlichsten Sprengstoffen. Da das einzige Endprodukt dieser Umwandlung gewöhnlicher, umweltfreundlicher Stickstoff ist, wollen die Forscher untersuchen, ob man polymeren Stickstoff als Treibstoff oder Sprengstoff gebrauchen könnte. Zunächst müssen die Forscher aber versuchen, die Verbindung bei Umgebungstemperatur und -druck zu erhalten. (pte)