Der Wiener Donauturm, ein Skater und Tux

Kaum eine Metropole überlegt nicht mit Hilfe von Linux und anderer freier Software Kosten zu senken und ihre IT-Infrastruktur aus der Abhängigkeit von Microsoft zu befreien. Einige Stadtverwaltungen, wie jene von München, haben diesen Weg auch bereits eingeschlagen.

Ab dem 2. Quartal 2005

Auch die Stadt Wien sagt dem Monopol des PC-Betriebssystems Windows und Microsoft Office auf den Magistrats-Arbeitsplätzen den Kampf an. Ab dem 2. Quartal 2005 sollen die Mitarbeiter (bzw. deren Abteilungsleiter) auf rund 7.500 der 16.000 Computerarbeitsplätze entscheiden, ob sie lieber das Betriebssystem und die Office-Software des weltweiten Marktbeherrschers Microsoft oder lieber auf freier Software (Open Source) wie Linux arbeiten wollen. Derzeit kommt Windows 2000 als Betriebssystem zum Einsatz.

Sanfte Migration

Damit stellt ein Jahr nach München nun auch Wien auf Linux um – wenn auch im geringeren Umfang. Die Münchener haben alle ihre PC auf Linux geändert, da sie ihre ganze Hardware umgerüstet haben, was in Wien nicht notwendig sei, so der IT-Chef der Bundeshauptstadt, Erwin Gillich, am Dienstag Abend vor Journalisten. Deshalb habe man sich für eine "sanfte Migration" entschieden, was auch die Umschulungskosten ganz erheblich reduzieren soll. Er geht davon aus, dass Linux am Anfang von jenen Mitarbeitern genutzt wird, die ohnehin gute PC-Kentnisse haben.

Kosten

Eimalig sind Open Source-Ausgaben von rund 100.000 Euro geplant, die Betriebskosten sollen sich in den nächsten fünf Jahren auf 1,1 Mio. Euro belaufen. Für die Microsoft-Produkte fallen keine neuen Kosten mehr an, da dafür die Lizenzgebühren bereits bezahlt wurden. Bei offener Software fallen diese weg.

"Openoffice mit Linux ist eine Alternative zu Microsoft-Produkten, die gut genug ist"

Bedienungsnachteile kann Gillich seit einem Jahr bei Open Office und Linux nicht mehr entdecken: "Openoffice mit Linux ist eine Alternative zu Microsoft-Produkten, die gut genug ist"

Sicherheitsbedenken gebe es schon gar nicht, immerhin würden sicherheitsrelevante Anwendnungen der Stadt Wien bereits seit 1989 auf Open Source-Software basieren. Für Gillich ist dieser Einsatz eine "Erfolgsstory".

2006

2006 soll es in Wien eine Evaluierung der Maßnahmen bis dahin geben. Dann werde sich entscheiden, wie weiter vorgegangen werde, so Gillich. Wie viele Linux-User es bis dahin gebe, könne er heute noch nicht sagen. Dass Open Source genutzt wird, glaubt er aus zwei Gründen: Erstens hätten die Abteilungsleiter ein Interesse weniger für die Lizenznutzung aus dem Abteilungsbudget zu zahlen und zweitens würden schon jetzt viele Menschen privat Linux nutzen.

Freiheit

Der wesentliche Vorteil von Open Source sei aber nicht die Ersparnis der Lizenzabgaben, sondern die Möglichkeit der freien Programmierung dieser Software, was den Wirtschaftsstandort erheblich aufwerten würde, so SP-Wissenschaftsprecher Josef Broukal. Es müsse das Ziel sein, weniger abhängig von US-Software zu werden. Und wenn man schon Lizenzen zahle, dann nicht in die USA, sondern nach Europa, betonte er. Broukal sieht die Bundesregierung gefordert, Open Source auch auf Bundesebene zu implementieren. Er wirft Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (V) vor, hier säumig zu sein.

"Kein Mensch habe ein Interesse am Quellcode zu basteln"

Das Arbeitsplatzargument kann Microsoft Österreich nicht nachvollziehen. Kein Mensch habe ein Interesse am Quellcode zu basteln, wie dies bei Linux möglich sei, so Microsoft-Sprecher Thomas Lutz. Man dürfe nicht vergessen, dass 30 Prozent aller offenen Software weltweit auf Windows laufe. Er begrüße aber, "dass die Stadt Wien die freien Kräfte des Marktes ohne ideologische Scheuklappen betrachte". (APA/sum)