Innsbruck - Derzeit laufende Ausgrabungen am Kalvarienberg im Innsbrucker Stadtteil Arzl beleuchten die Siedlungsgeschichte der Landeshauptstadt neu. Nach Angaben des Rathauses vom Dienstag würden sich Funde in die Mitte des 2. Jahrtausends vor Christus datieren lassen.

Fundstücke

Im Zuge der Grabungen unter der Leitung von Dietrich Feil vom Institut für Klassische und Provinzialrömische Archäologie der Universität Innsbruck im Auftrag des Bundesdenkmalamtes, in Zusammenarbeit mit "ArchaeoTirol" und finanziert von der Stadt wurden rund 120 Quadratmeter geöffnet. Gefunden wurden große Mengen prähistorischer, zum Teil dekorierte Keramikteile, römische Münzen, römische Gewandnadeln ("Fibeln") und verschiedene Eisenfunde wie Schlüssel, Messer, Pfeilspitzen, Fragmente von Terra Sigillata (gehobenes römisches Tafelgeschirr), Fragmente spätantiker Specksteingefäße und frühmittelalterlicher Reitersporne.

Der Kalvarienberg dürfte damit zu den wichtigsten frühen Plätzen im Innsbrucker Bereich gehören. Der 100 Meter über Talniveau liegende Hügel mit seiner talüberblickenden Lage dürfte im gesamten oberen Bereich für verschiedene Bebauungen genutzt und entsprechend gestaltet worden sein. Zugleich war er der einzige Punkt, von wo aus die Wegverbindung von Innsbruck in östlicher Richtung auch südseitig kontrollierbar war.

Doch nicht nur Kultstätte

Der heutige Eindruck des naturbelassenen grünen Hügels sei irreführend und wohl erst Folge der Anlage des barocken Kalvarienberges in den Jahren 1664/65 sein, glauben die Wissenschafter. Die ursprüngliche Annahme, der Hügel sei nur als Kultstätte (Opferplatz) genutzt worden, scheine sich nicht zu erhärten. Man könne von länger andauernden, vor allem auch römischen Siedlungen ausgehen.

Die zeitliche Nutzung könne durch älteste Funde aus der Bronzezeit Mitte des 2. Jahrtausends vor Christus und danach anscheinend in ununterbrochener Folge bis in die Spätantike/Frühmittelalter eingegrenzt werden. Keine sicheren Funde gab es bisher aus dem hohen Mittelalter bzw. aus der frühen Neuzeit. Jüngeres Material dürfte mit der Kalvarienbergkirche zusammen hängen.

"Arzl"

Auch die Frage nach der Herkunft des Ortsnamens darf somit als geklärt gelten: Die alte Annahme, der Ortsname "Arzl" vom lateinischen "arcella = kleine Burg" war wortgeschichtlich nahe liegend, doch war das Problem, dass eine entsprechende Burg nicht nachgewiesen war. Mittlerweile wird angenommen, dass die vorgeschichtlichen bzw. römischen Anlagen für die namensgebende Burg durchaus ausreichend gewesen sein müssten.

Die Grabungen werden bis 20. August weiter geführt. Die Grabungsschnitte werden nach der Dokumentation verfüllt und wieder begrünt. Für den Spätherbst ist eine Ausstellung der Funde in gereinigtem, aber unrestaurierten Zustand in Arzl geplant. Die Dokumentation und Publikation der Grabung sowie die dauerhafte Ausstellung der Funde ist noch abzuklären.

Anlass für die Grabungen war die Freilegung von Mauerresten und Steinlagen durch Baumaschinenbewegungen im Zuge der Rodungen für die Südhangsanierung. Bei Probegrabungen in Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt/Landeskonservatorat für Tirol und den Grundbesitzern wurde die Sinnhaftigkeit einer größeren Ausgrabungsaktion fest gestellt. Verschiedene ältere Streufunde hatte es schon früher gegeben, aber Grabungen wurden bis jetzt noch nie durchgeführt.(APA)