Frech, Altendorfer, Koller (von links nach rechts)

fotos: buergerforum frech

Steyr – Im Steyrer Gemeinderat sitzt seit Ende 2003 neben den vier Parlamentsparteien auch das Bürgerforum Steyr. Im Gespräch mit derStandard.at berichten die Listen-Erste Michaela Frech und ihre beiden MitstreiterInnen Susanne Altendorfer und Kurt Koller vom anstrengenden Kampf für sachorientierte Kommunalpolitik gegen die alteingesessene SPÖ-Alleinherrschaft.

In Geldangelegenheiten hatte Steyr in früheren Zeiten keine ernstzunehmenden Sorgen. Im Mittelalter war die alte Eisenstadt nach Wien Österreichs zweitreichste Stadt. Handel und Verarbeitung von Eisen, das aus der Steiermark die Enns herunter geschippert kam, bescherte der Stadt und ihren Bürgern satte Einnahmen, einen der best erhaltenen historischen Hauptplätze des Landes und in weiterer Folge eine blühende Industrie.

Heute treibt allenfalls Schwemmholz beim alljährlichen Hochwasser die Enns herab. Und auch sonst ist offensichtlich, dass die Stadt schon bessere Zeiten gesehen hat. So bieten etwa die rund 20 leer stehenden Geschäfteslokale im historischen Stadtkern keinen besonders erfreulichen Anblick. Blinde Auslagenscheiben und Barrikaden aus Holzbrettern stören im ansonsten malerischen Stadtplatz-Ensemble. Michaela Frech bestätigt den Eindruck und verweist auch gleich energisch auf die Allmacht der Stadtregierung.

Keine Visionen

Einer der Gründe, warum sich in Steyr trotz der offensichtlichen Probleme nichts ändere, sei die Trägheit des SPÖ-dominierten Rathauses. "Die verantwortlichen Politiker in Steyr haben keine Visionen. Was sie betreiben ist reine Verwaltung", meint Frech. Darin unterscheide sich die Bundespolitik kaum von den Zuständen am Land.

Dabei hätte sie ein völlig anderes Verständnis von Kommunalpolitik. Bürgernähe, die Sache selbst und vor allem Hausverstand solle über parteipolitischem Hick-Hack stehen. "Bürger statt Parteien" war auch ihr Slogan bei der Gemeinderatswahl im September 2003, zu der sie mit 71 MitstreiterInnen antrat. Wichtig wäre ihr bei der Listenerstellung ein repräsentativer Querschnitt der Bevölkerung gewesen; eine bunte Mischung aus allen sozialen Schichten, Stadtteilen, Berufsgruppen und unterschiedlichen politischen Lagern. Der jetzige Gemeinderat würde diesen Querschnitt jedenfalls nicht vertreten, so Frech

4,56 Prozent wählten das Bürgerforum

Zuvor war Frech bereits für das Liberale Forum Mitglied des Steyrer Gemeinderats gewesen. Bei der Wahl 1997 errang sie mit dem LiF 3,59 Prozent. Als sie sich sechs Jahre später mit dem Bürgerforum der Abstimmung stellte, konnte Frech 4,56 Prozent der Stimmen für sich gewinnen.

Ein Vertrauens-Votum, das sie und ihre MitarbeiterInnen auch auf die Offenheit für die Bürgersorgen zurückführt. „Ich bin jederzeit erreichbar, wenn jemand Probleme oder Fragen hat. Wenn man sich dagegen an den Magistrat wendet, wird man meist vertröstet.“, meint Frech. Leicht würden es ihr die politischen Schwergewichte nicht machen, im Dienste der BürgerInnen die wesentlichen Probleme der Stadt zu thematisieren.

Abwanderung und Parkplatz-Probleme

Kurt Koller, HAK-Lehrer und Nummer neun auf der Liste Frech, nennt als Beispiel hierfür die massive Parkplatz-Problematik und das damit verbundene Ausbleiben von Kundschaft und Touristen. Seine Familie betreibe selbst ein Geschäft im Zentrum. Den Laden- und Kundenschwund spüre er daher am eigenen Leib. Man sollte meinen, eine liberalere Auslegung der Parkplatz-Verordnungen könnte das Problem etwas mildern. Die Stadtregierung denke jedoch nicht daran, sondern gehe – im Gegenteil – den strengen Weg, erklärt Koller. An manchen Tagen würde auf jedes Fahrzeug ein „Park-Sheriff“ kommen. Und einem italienischen Touristen eine Strafzettel zu verpassen, wenn er ein paar Minuten länger als vorgeschrieben parke, wirke auf lange Sicht auch nicht gerade anziehend auf Besucher.

So würde das touristisch wertvolle Steyrer Zentrum weiter verkommen, ohne dass es von Seiten der SPÖ ein längerfristiges Konzept gäbe. An entsprechenden Initiativen würde es dagegen nicht mangeln, meint Frech. „Stadtplatz im Aufbruch“ nennt sich eine davon, an der Frech auch maßgeblich mitgearbeitet habe. Am Ende sei ein Katalog von Maßnahmen gestanden, verhältnismäßig leicht umsetzbar und mit dem Konsens aller Parteien beschlossen. Eine Alibihandlung der Stadtregierung, ortet Frech. Denn geschehen sei, bis heute nur wenig.

Erfolge

Nichtsdestotrotz hätte das Bürgerforum auch Erfolge zu verbuchen. Susanne Altendorfer ist die Nummer zwei auf der Liste Frech und zuständig vor allem für soziale Belange. Im Vorstand des Gesundheits- und Sozialservice (GSS) kümmert sie sich um die Vernetzung sozialer und medizinischer Einrichtungen in Steyr. Als vor fünf Jahren diese Initiative aus der Taufe gehoben wurde, war Michaela Frech maßgeblich daran beteiligt. Heute erhebe nicht einmal mehr die FPÖ Einspruch gegen dieses Projekt, erklärt Frech.

Dies sei allerdings eher die Ausnahme. Ansonsten käme von den anderen Parteien wenig Resonanz oder gar Unterstützung, wenn Frech auf die verschleppte Straßen- und Brückensanierung, die drängenden Probleme mancher Wohnbezirke oder offensichtliche Bausünden hinweist. "Schade, dass die Sitzungen in den Ausschüssen nicht öffentlich sind", meint Frech, "da würde so manchem ein Licht aufgehen."

Unflexibel beim Sesselrücken

Wie unflexibel und starr der Steyrer Magistrat bereits agiere, illustriert Frech mit dem Beispiel Stadthalle im Stadtteil Tabor. Die Notwendigkeit einer großen Veranstaltungshalle sei schon lange bekannt gewesen. Realisiert wurde sie schließlich – als Kompromiss – in Form einer „Sport- und Kulturhalle“, weit entfernt allerdings von einer Ideallösung, so Frech. Zu niedrig sei der Bau für Sport-Events, zu wenig Parkplätze gäbe es und überdies stehe das Gebäude in einem Wohngebiet.

Vollends überfordert scheint der Magistrat, meint Frech, wenn es darum geht, das Gebäude auch zu nutzen. Im Juli hätte es dort eine Kabarett-Vorstellung gegeben, Anfang September sei die nächste geplant. Und dazwischen? Der Basketballclub Steyr hätte die Halle gerne für notwendige Trainingseinheiten gebucht, immerhin handle es sich auch um eine Sporthalle, und am 18. September beginne die Meisterschaft, erklärt Dietmar Zwettler, Sprecher des Basketballclubs. Überraschend kam aus dem Magistrat ein striktes Nein. Die Begründung: Die aufgestellten Stühle könnten unmöglich beiseite geräumt werden. Schließlich finde im September die nächste Kabarett-Vorstellung statt. Bis dahin bleiben die Sesselreihen, wo sie sind…

Bürgernähe sei in derlei Magistratsweisungen keine zu erkennen und auch kein dauerhaftes Konzept, seufzt Michaela Frech. All das sei eher Politik als Selbstzweck. Bis vor kurzem hätte es nicht einmal einen längerfristigen Stadt-Finanzplan gegen. In Zeiten, wo im Zuge des Finanzausgleichs mehr und mehr Ausgaben auf die Kommunen abgewälzt würden und weniger Geld vom Bund käme, wäre ein solcher Budget-Plan das Mindeste gewesen. Dies sei eigentlich ein Armutszeugnis für die ehemals zweitreichste Stadt Österreichs.