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etat.at: Focus meldet ja schon länger Onlineumsätze - was genau ist jetzt neu?

Kreutzer: Die bisher gemeldeten Zahlen entstammen einer ersten Phase der Meldung durch vier Vermarkter bzw. Adserver-Betreiber. In dieser Testphase war es einfacher, mit wenigen großen Betreibern zu arbeiten und so ein neues System zu installieren.

Nach über einem Jahr Erfahrungen und einem weiteren halben Jahr der Integration von nun auch den selbstvermarkteten Websites konnten nun erstmals Onlineumsätze genannt werden, die den heimischen Markt praktisch komplett abdecken. Focus spricht von 90 bis 95 Prozent des Gesamtumsatzes, der durch die Erhebung dargestellt werden kann - das schafft kaum eine andere Mediengattung!

etat.at Eine US-Studie von Jupiter Research geht davon aus, dass Online-Werbung die Print-Werbung im Jahr 2008 überholen wird. Ihre Prognose für Österreich?

Kreutzer: Auch in Österreich wird die Onlinewerbung Print überholen. Was die Mediennutzung und Reichweite vorzeigt, muss sich über kurz oder lang auch in der Nutzung für die Werbung wiederspiegeln. Das Internet erreicht fast zwei Drittel der Österreicher, die Art der Verwendung des Mediums durch die User bringt weitere Vorteile für die Werbung. Ich gehe davon aus, dass das Internet daher zur ganz selbstverständlichen dritten oder vierten Säule der Werbung wird - ob bereits 2008, wird sich zeigen.

etat.at: Online-Werbung erreicht nun ca. 1,1 Prozent der Werbespendings, hat jedoch eine Reichweite von mehr als 60 Prozent der Österreicher. Wie erklären Sie sich diese Diskrepanz?

Kreutzer: Das ist eigentlich eine interessante Sache: Österreich war immer schon führend bei Onlinewerbung. Die Meilensteine (Ad-Server-Einsatz, Formate, Unique-Statistiken, Standardisierung) hat Österreich immer sehr früh erreicht - als Spitzenreiter in Europa. Die Spezialisten für Onlinewerbung gibt es also.

Gleichzeitig ist das Medium Internet hierzulande gut entwickelt - sowohl von Anzahl der User als auch von technischer Ausrüstung brauchen wir uns nicht zu verstecken - im Gegenteil.

Nur ein Bereich kam bisher bei zu wenigen Branchen in Schwung: die Größe der Budgets. In vielen Branchen kommt man dabei nicht über "Tests" hinaus, die im Internet gemacht werden. Obwohl alle Anzeichen und Erfahrungen dafür sprechen, den großen Sprung zu machen, wagen sich viele noch nicht zu einem starken Einsatz des Mediums. Doch auch das ändert sich im Moment rapide - auch durch die neuen Focus-Zahlen.

Diverse Produkte und Zielgruppen "schreien" schon förmlich nach einem Anteil des Internets weit jenseits der 10-Prozent-Hürde am gesamten Werbebudget. Und wo einige Vertreter große Erfolge damit haben, wird der Mitbewerb nicht lange fern bleiben können.

etat.at: Der IAB setzt sich für die Standardisierung von Werbeformen ein. Wir merken auf unsern Seiten ein extrem negatives Feedback auf PopUps und ähnliche Unterbrecherwerbungen. Wie sieht die Onlinewerbeform der Zukunft aus, wohin geht der Trend?

Kreutzer: Negatives Feedback zeigt auch, dass gewisse Formen der Onlinewerbung in besonderer Art genutzt werden müssen. Bei PopUps hat der IAB daher kürzlich definiert, in welcher Häufigkeit diese überhaupt eingeblendet werden dürfen. Selbstbeschränkung sorgt dafür, dass die Werbung insgesamt positiver gesehen wird.

Die Zukunft geht eindeutig in die Richtung der exklusiven Flächennutzung - also von Werbung, die keine Inhalte überdecken kann. Sie bleibt daher auch länger am Bildschirm, wirkt also länger. Und die neuen IAB-Formate bieten ausreichend Platz auch für "große Botschaften".

Und was man nicht vergessen darf: Die Onlinewerbung finanziert Medienvielfalt und für User kostenlose Inhalte. Sie kann daher vom User eigentlich nur feundlich empfangen werden ;-)

etat.at: Wirklich gute Ideen im Bereich der Online-Werbung sind selten. Warum tun sich Kreative bei Online-Werbung so schwer?

Kreutzer: Gute Ideen sind selten? Das sehe ich nicht so. Gerade die Online-Kreativagenturen in Österreich leisten beachtliche Arbeit, die sich auch international nicht zu verstecken braucht.

Wenn die Budgets Limits setzen, ist natürlich auch das Machbare eingeschränkt - das ist klar. Oft schränken auch die Auftraggeber die Kreativen zu stark ein, denn das Medium Internet erfordert manchmal andere Bemessungsgrundlagen als andere Mediengattungen bei der Beurteilung von Kreativleistung.

Ich bin jedoch schon auf den WebAd 2005 gespannt: die Einreichungen unserer Agentur-Mitglieder bei der jährlichen Preisverleihung zeigen nämlich nicht das Bild einer unkreativen Werbung. Vielleicht sollten die guten Werbeformen noch mehr Budget bekommen, um sie im Web auch ausreichend verteilen zu können. Mit den größeren Schaltvolumina wird man die vorhandenen hochwertigen Werbeformen aber auch stärker zu Gesicht bekommen. Das Potential ist jedenfalls sicher gegeben!

etat.at: Welche Branchen sind heuer die am stärksten wachsenden im Online-Sektor, welche investieren wenig bis gar nicht in Online-Werbung?

Kreutzer: Was stark im wachsen ist, sind der Handel und die Markenartikler. Aber auch bei den "traditionellen" Onlinewerbetreibenden Telekom, IT, Dienstleistungen, Auto, Finanzierung, Versicherung, Glücksspiele, Tourismus, Jugendprodukte etc. ist noch immer starkes Wachstum zu spüren - die Potentiale sind noch lange nicht ausgeschöpft, auch wenn manche dieser Branchen schon mehr als ein Viertel online investieren.

Wer noch viel zu wenig online wirbt, ist der Bereich Bau- und Einrichung, Bekleidung und Kosmetik, sowie Freizeit und Sport. Auch die Tatsache, dass das Internet das hochaktive Medium ist, das bis in die Büros zur Arbeitszeit vordringt, wird noch viel zu wenig werblich ausgenützt.

Durch die Reichweite kommt das Internet mittlerweile zu "jedem überall". Den typischen Internetuser gibt es nicht mehr, in einigen Segmenten haben wir aber zusätzlich User, die anderswo nicht mehr so leicht zu erreichen sind. Daher sind eigentlich alle Branchen, die das Internet noch unterdurchschnittlich werblich nutzen gefordert, die Werbestrategie zu überdenken. (ae)