Salzburg - "Konzert" liest man auf einem Plakat im Foyer des Großen Festspielhauses, das nichts weiter zeigt als eine Geige. Wer nach Komponisten, Solisten oder Ensembles sucht, tut dies vergeblich. Das Einzige, was dieser befremdlichen Kundmachung noch zu entnehmen ist, sind die Firmenlogos der alsbald wohl zur Heiligsprechung anstehenden Hauptsponsoren. Der Zynismus des Zufalls will es allerdings, dass der gegenwärtig in Salzburg herrschende veranstalterische Hedonismus nicht treffender signalisiert werden könnte als durch diese ganz bestimmt hoch bezahlten Werbeträger.

So ist "Konzert" ja wohl der allgemeinste Überbegriff, der sich für eine musikalische Darbietung finden lässt. Ein solches "Konzert" kann alles sein. Egal, mit welchem Programm, egal, mit welchem(n) Interpreten, egal, wann, egal, wo, und egal, für wen. Hauptsache, man kennt die Hauptsponsoren. Im Fall des Spätabend-Auftritts der Wiener Philharmoniker, die unter Riccardo Mutis Leitung die vierte und die achte Symphonie von Franz Schubert zum Besten gaben, wären für diesen Fall die meisten Fragen fürs Erste einmal beantwortet.

Für wen oder zu welchem Frommen diese Darbietung stattgefunden hat, lässt sich allerdings schon weit schwieriger herausfinden. Sicher nicht zu Franz Schuberts Ruhm. Wohl spielte man ihn, aber nicht für ihn. Denn auch Philharmoniker sind nur Menschen. Und obendrein sensible, denen ein heißer Sommertag zusetzt wie jedem anderen. Und die im Wissen um den frühen Küchenschluss der ortsansässigen Gastronomie sich vorsorglich vor Konzertbeginn ausreichend verköstigt haben.

So war es denn auch nicht weiter verwunderlich, dass auf dem Podium neben den Philharmonikern auch das Sandmännchen seinen Dienst versah. Was wieder dazu führte, dass man sich im Verlauf von jeweils achtbaren, aber keineswegs vom Herzen kommenden und zu Herzen gehenden Interpretationen hin und wieder über kostbare interpretatorische Phasen freuen konnte, die in der Hauptsache von den Holzbläsern und den Celli geliefert wurden. Dies wiederum hatte zur Folge, dass sich nach und nach auch in einem beträchtlichen Teil der Zuhörenden ein dämmerndes Dösen breit machte.

Man ist versucht zu sagen: leider nicht von Anfang an. Denn nach dem ersten Satz von Schuberts Vierter begann ein beträchtlicher Publikumsteil zu applaudieren. Wie es sich in einem "Konzert", auf dem nicht mehr steht als ein paar Firmennamen, gehört. Vielleicht könnte man in Fortsetzung der mentalen Talfahrt die Billeteure durch Latexdamen und -Herren ersetzen, die alle in den Zuschauerraum strebenden "Konzert"-Debütanten durch das Anlegen schmucker Handschellen an unpassenden Beifallsbekundungen hindern.(DER STANDARD, Printausgabe, 7./8.8.2004)