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STANDARD: Republiksgründung, Staatsvertrag, Neutralität und EU-Beitritt - 2005 wird, so scheint es, durchgefeiert. Pelinka: Vom Feiern halte ich überhaupt nichts. Ich halte etwas von intellektueller Reflexion. Das heißt: nicht feiern - nachdenken. Und 2005 ist dafür ein guter Anlass.

STANDARD: Gibt es genug Raum für kritische Auseinandersetzungen?

Pelinka: Die Chance ist da. Ich hoffe, dass sie zumindest teilweise genutzt wird.

STANDARD: Kann man das Jubeljahr nicht auch als Versuch sehen, ein bestimmtes Geschichtsbild zu verordnen?

Pelinka: Jede Regierung wird versucht sein, das zu tun. Aber wir haben doch eine halbwegs lebendige Zivilgesellschaft, wir haben die Universitäten. Wir haben zum Glück eine pluralistische Situation, in der zwar die erste Regierungspartei eine gewisse Chance hat zu dominieren. Monopolisieren kann sie jedoch nicht.

STANDARD: Kritiker fürchten, dass es eine schwarze Propagandaveranstaltung wird.

Pelinka: Die Möglichkeit, dies zu probieren, ist da. Die Regierung kann aber auch kräftig auf die Nase fallen, wenn sie es zu durchsichtig betreibt - sozusagen immer nur Figl und Raab zeigt und Wolfgang Schüssel als die dritte Generation - dazwischen Alois Mock.

STANDARD: Was wird nach dem Feiern bleiben? Pelinka: Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, dann wäre es, dass die von mir angesprochene Nachdenklichkeit sich in Forschungsprojekten, aber auch in Lehrbücher niederschlägt. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10. 8. 2004)