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Foto: APA/Hans Klaus Techt
Wien - "Wer mit ruhigem Gewissen laufen will, muss das barfuß tun." So bringt Stefan Kerl, Sprecher der Clean- Clothes-Österreich-Kampagne, die Realität aus seiner Sicht auf den Punkt. Sportschuhhersteller lassen ihre Produkte so gut wie ausschließlich in Niedrigstlohnländern in Asien - Indonesien, Bangladesch etc. - fertigen.

Und die Produktionsbedingungen für die Arbeiterinnen (der Großteil der Beschäftigten sind weiblich) sind mit westlichen Sozialstandards nicht vergleichbar. Einen "Fair Trade"-Markt wie beispielsweise bei Korbwaren oder gar eine Liste kontrollierter Produkte "gibt es eigentlich nicht". Die Vorwürfe reichen von Organisationsverbot bis Zwangsarbeitsstrukturen.

Die Athener Spiele nehmen die Kritiker nun zum Anlass, um öffentlich Druck zu machen. In Österreich wurden 12.000, europaweit eine halbe Million Unterschriften gesammelt, die das Internationale wie die nationalen Olympischen Komitees auffordern, auf Ausstatter einzuwirken.

Diesmal wenden sich die Aktionen von Clean Clothes nicht gegen die Branchenriesen - Adidas, Nike, Reebok. Diese seien aufgrund der bereits jahrelang anhaltenden Kritik "am wenigsten schlecht", sagt Kerl. Diesmal wurden sieben kleinere Sportfirmen aufgefordert, sich einer unabhängigen Kontrolle zu stellen - etwa durch Fair Labour, einer "Multi-Stakeholder-Organisation", in der sich Industrie, Gewerkschaften und internationale Institutionen treffen.

Zur Diskussion bereit

Der Rummel vor Olympia wirkte offensichtlich, die Firmen zeigen sich einsichtig: Puma ist der Organisation bereits im Jänner beigetreten, Umbro hat um Mitgliedschaft angesucht, Asics und Mizumo haben ebenfalls die Bereitschaft erklärt, die Produktionsbedingungen zu diskutieren. Vertreter von Lotto, Fila und Kappa haben quasi in letzter Minute vor den Spielen zugesagt, sich mit den Aktivisten treffen zu wollen.

"Die Kleineren haben bisher so gut wie gar nichts getan und sich einen Wettbewerbsvorteil herausgeholt", so Kerl. Von einem firmeninternen Monitoring halten er und Gewerkschafter Wilhelm Haberzettl, im ÖGB für internationale Kontakte zuständig, wenig. "Das sind Alibiaktionen, die noch dazu oft als Werbung verwendet werden." Die Ethikabteilungen "werden nur aktiv, wenn die Firma öffentlich kritisiert wird". Haberzettl sieht nur "den Druck der Konsumenten" zielführend.

Bewegung

Dass sich in den letzten Jahren etwas getan hat, ist aber unbestritten. Die Süddeutsche Zeitung berichtete unlängst über Arbeiterinnen in einer indonesischen Turnschuhfabrik, die mit einem Mindestlohn von 66 Euro pro Monat auskommen müssen.

Außer sie machen Überstunden (60 Stunden statt regulären 45 pro Woche), dann kommen sie auf 110 Euro. Trotzdem seien die Stellen sehr begehrt, denn die Alternative wären Plantagen oder die "informellen" Jobs, die zwei Drittel der Indonesier haben - etwa der Straßenverkauf von Reis.

Ein Effekt des verstärkten Drucks der internationalen Organisationen ist aber auch: Die Konzerne verlagern die Produktion eben in Länder, wo überhaupt keine freien Gewerkschaften existieren - China oder Vietnam. (Leo Szemeliker/DER STANDARD Printausgabe, 12.08.2004)