Bild:Peace Camp
"Das habt ihr falsch in der Schule gelernt." So, berichtet Mike Moffat, ein jüdischer Teilnehmer des Friedenscamps, hätten die Diskussionen zwischen Juden und Palästinensern oft ein plötzliches Ende genommen. "Es war anfangs schon sehr schwer, die andere Seite zu verstehen", bestätigt Dima Khoury, eine palästinensische Teilnehmerin.

Verhärtete Fronten

Die oft völlig verschiedenen Geschichtsdarstellungen und das jahrelange Leben in Angst und Unsicherheit haben die Fronten im Nah-Ost-Konflikt verhärtet. 103 Jugendliche beider Seiten hatten jetzt die Möglichkeit, einander im Döbriacher Friedenscamp der österreichischen Kinderfreunde in einer friedlichen und neutralen Atmosphäre zu begegnen. Ziel der Veranstaltung: einer jungen Generation die Möglichkeit zu geben, den "Erzfeinden" friedlich und tolerant zu begegnen.

Krieg der Kinder

Das Jugendcamp ist Teil einer Initiative, die im blutigen Nah-Ost-Konflikt dringend nötig ist. "Die Jugendlichen beider Seiten sind müde, in diesem Konflikt leben zu müssen", berichtet die Projektleiterin Daniele Pruner. Minderjährige SelbstmordattentäterInnen auf palästinensischer Seite, junge SoldatInnen in der israelischen Armee: Der Konflikt um das "Heilige Land" ist vor Allem auch ein Krieg der Kinder.

Eine neue Generation

"Die Kraft des Projekts besteht für uns darin, die Möglichkeit zu haben, eine neue Generation mit der Idee einer friedvollen Jugend zu konfrontieren", beschreibt Daniele Pruner, die Gastgeberin der "Kinderfreunde", die Absicht hinter der Initiative von sieben sozialistischen Jugendorganisationen aus Israel, Palästina, Großbritannien und Österreich. 103 Jugendliche im Alter zwischen 15 und 25 überwanden ihre Vorurteile und kamen zum Zeltlager nach Döbriach.

Bürokratische Hürden

Palästinenser aus dem Westjordanland trafen auf jüdische und arabische Israelis. Palästinenser aus dem Gaza-Streifen scheiterten an der Bürokratie bei der Ausreise aus der Sicherheitszone: Sie erhielten keine Genehmigungen. Auch denjenigen, die ausreisen durften, stand noch ein weiter Weg bevor. Die Jugendlichen aus dem Westjordanland mussten sechs Checkpoints passieren, bis sie nach zwei Tagen endlich in der jordanischen Hauptstadt Amman ankamen, um von dort aus nach Österreich zu fliegen.

Schwieriges Kennenlernen

In den ersten Tagen, berichtet die junge Palästinenserin Dima Khoury, war die Unsicherheit auf beiden Seiten groß. "Nachdem ich die anderen kennengelernt hatte, war es aber eine schöne Erfahrung". Mit Diskussionen, Spielen und Mediation wurde versucht, die Vorurteile auf beiden Seiten abzubauen. Einziger Punkt, in dem sich die Jugendlichen auf keinen gemeinsamen Nenner einigen konnten: Das Rückkehrrecht für palästinensische Flüchtlinge. "Die Tage im Camp haben meine Einstellung komplett geändert", berichtet Mike Moffat. "Wir sind als Feinde hingekommen und als Freunde wieder auseinandergegangen".

Unwillige Politik

Im kommenden Jahr wollen die Jugendorganisationen das Projekt wieder durchführen. Unsicher ist die Finanzierung, wie der Generalsekretär des Dachverbands der Gruppen, Uwe Ostendorff, berichtet. Er wirft der Politik diesbezüglich Scheinheiligkeit vor. Politiker würden den Friedensprozess zwar offiziell unterstützen, diese Unterstützung vermisse er aber, wenn es darum geht, konkrete Projekte zu ermöglichen. An Engagement, Ideen und dem Willen das Projekt weiterzuführen mangle es jedenfalls nicht.

"Dieses Projekt kann nur einen ersten Schritt zur Völkerverständigung darstellen", weiss Daniela Pruner. "Aber wir glauben daran, dass Frieden im Nahen Osten möglich und machbar ist." Ein Engagement, dass David Ben Gurion, Gründer des Staates Israel, sicher geschätzt hätte. Stammt doch von ihm der Satz: "Wer in Israel nicht an Wunder glaubt, der ist kein Realist!" (az)